NIKOS THEMELIS: "JENSEITS VON EPIRUS"

Mit "Jenseits von Epirus" hat Nikos Themelis mehr geschrieben als nur eine fulminante Familiensaga, denn diese Geschichten um den jungen Nikolas aus dem Epirus im ausgehenden 19. Jahrhundert sind auch ein Gemälde jener Zeit, bevor das bunte und recht gedeihliche Völkergemisch rund um die Ägäis in Balkan- und Weltkrieg so grausam und unversöhnlich zerbrach.

In Griechenland seit seinem Erscheinen ein Bestseller, erzählt der Roman aus sechs unterschiedlichen Perspektiven vom langen Weg des Nikolas und beginnt mit dessen eigenem Bericht vom Verschwinden seines Vaters. Als der reisende Kaufmann aus dem Dorf bei Ionannina erneut aufbricht und der 16-jährige Sohn dann unter seinem Kopfkissen die goldene Uhr des Vaters findet, ahnt er, eine neue Zeit ist angebrochen.

Nur langsam enthüllt sich ihm das schmähliche Untertauchen des Vaters und es prägt ihn für sein restliches Leben. Auch er verlässt die Heimat, doch bleibt er unstet, immer auf der Suche und stets treibt ihn der Spruch des Vaters: er müsse das Warum aller Warum suchen. Andere Erzähler, die auf verschiedene Weise mit ihm in Berührung kommen, sein Leben mitprägen und von ihm geprägt werden, berichten von seinem weiteren, durchaus erfolgreichen Leben.

Und wir erfahren aus dieser Zeit, als das Osmanische Reich längst schwächelt und zugleich an seinen Küsten und ganz besonders im bunten Völkergemisch von Smyrna, dem heutigen Izmir, eine Epoche des Miteinander in Tolernaz, Wohlstand und Lebensfreude eine Scheinblüte feiert. Nikolas wird gewissermaßen eine Sinngestalt des neuzeitlichen Griechen, wenngleich seine Rolle zuweilen ein wenig zu sehr veredelt wird.

Mit ruhigem, breitem Erzählstrom und geradezu morgenländischer Fabulierkunst schlägt der Autor den Leser in den Bann. Da gehören die Schilderungen von Orten, Märkten, Basaren und ganz besonders der Besuche in den berühmten türkischen Bädern zu den schönsten Passagen, zumal die Sprache kunstvoll ist und dennoch überwiegend recht gradlinig bleibt. Mit großer Liebe zum Detail begeistert der Roman vor allem aber auch durch das Zeit- und Lokalkolorit, mit dem hier ein opulentes Bild jener Tage in kraftvollen Farben gemalt wird.

 

# Nikos Themelis: Jenseits von Epirus (aus dem Neugriechischen von Norbert Hauser); 382 Seiten; Piper Verlag, München; € 22.50

WOLFGANG A. NIEMANN (wan/JULIUS)

Dieses Buch bei Amazon.de bestellen.


Kennziffer: Bel 117 - © Wolfgang A. Niemann - www.Buchrezensionen-Online.de