UDO ULFKOTTE: "GENCODE J"

"Gencode J" ist ein Thriller der besonders gemeinen Art: wie eine Lokomotive nimmt er recht langsam und trotz großer Detailgenauigkeit leicht konsumierbar Fahrt auf. Doch hier schreibt der Nahost- und Geheimdienstexperte Udo Ulfkotte und was er in beklemmender Realitätsnähe entwickelt, wird allmählich wahrhaft atemberaubend.

Wer diesen Höllenzug zuende gelesen hat, muss dann fast froh sein, dass Osama Bin Ladens Terroristenbrut sich am 11. September mit den spektakulären und dennoch überschaubaren Anschlägen in New York und Washington begnügt hat. Was nämlich der kenntnisreiche Autor von "Gencode J" hier ausbreitet - niedergeschrieben im Jahr 2000! - ist in seinem Wahnsinn und seinen Opferzahlen 1000 Mal entsetzlicher als der 11. September!

Und der Roman hat einen bitterbösen aber erschreckend realen Ansatz: nicht islamistische Fundamentalisten bedrohen hier den Weltfrieden sondern der Mossad-Chef Abraham Meir. In seinem unbändigen Hass auf die Araber schmiedet er ein heimtückisches Komplott mit einer teuflischen Waffe, der so genannten ethnischen Bombe. Dieses Höllenzeug wird im israelischen Geheimwaffenlabor entwickelt und hat unfassbare Wirkungen, denn es wurden Pesterreger genetisch so manipuliert, dass sie nur bei bestimmten Bevölkerungsgruppen ihre tödliche Wirkung entfalten. In einer zynischen Umschreibung heißt es das Priester-Gen, denn die Nachfahren der Kohanim-Sippe aus alttestamentarischen Zeiten sollen auf jeden Fall immun gegen den leicht zu verbreitenden Erreger sein.

Meir, der vor Jahren seine Frau durch einen Terroranschlag verlor, ist ein zu allem entschlossener jüdischer Rassist und will "für Israel der Stein in Davids Schleuder sein!" Jedes Mittel ist ihm recht, die inneren und äußeren Feinde Israels zu vernichten. Er hält sich und seine ultra-orthodoxen Gefolgsgenossen für die Auserwählten, die dem jüdischen Volk zu neuer Blüte verhelfen werden. Mit all seinen Fähigkeiten und Erfahrungen sowie der nötigen Skrupelosigkeit hat er sämtliche Vorbereitungen getroffen und selbst sein schwerer Unfall scheint die Welt nicht mehr vor einer globalen Katastrophe retten zu können.

"Die Zeit ist reif für den Messias!" Diesen Wahnsinnsbefehl hat der Besessene bereits per E-Mail losgelassen und die Ereignisse, die nun losbrechen, stellen beinahe alles in den Schatten, was Thriller-Autoren wie Follet, Ludlum oder Clancy bisher ersonnen haben. Das wahre Gruseln bereiten dabei aber weniger die nicht immer so spektakulär wie bei den Vorbildern beschriebenen einzelnen Ereignisse des Romans als vielmehr die beängstigende Nähe zur realen Situation - als hätte man grad gestern von ähnlichen sich anbahnenden Entwicklungen in der Zeitung gelesen. Da muss dann auch ein Bin Laden schon mal zur Tarnung noch dramatischerer Hintergründe herhalten, denn der "war immer gut für einen besonders grausamen Terroranschlag".

Wer diesen Roman gelesen hat, wird das Buch nachdenklich beiseite legen und inständig hoffen, dass das alles für immer eine gut recherchierte Fiktion bleiben möge. Dem Verlag sei im Übrigen für seinen Mut zur Veröffentlichung gedankt, schließlich werden manche Kreise dieses Werk heftig kritisieren, denn Rassismus und Fundamentalismus jeglicher Couleur werden in all ihrer realen Bedrohlichkeit offengelegt von einem Kenner der Materie, der mittlerweile als Universitäts-Dozent auf dem Gebiet der Spionage- und Terrorismus-Abwehr lehrt.

 

# Udo Ulfkotte: Gencode J; 356 Seiten: Eichborn Verlag, Frankfurt; € 20.50 WOLFGANG A. NIEMANN (wan/JULIUS)

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