CHRISTIAN von DITFURTH: TAG
DES TRIUMPHS
In Tanz mit dem Tod hatte sich Gerechtigkeitsfanatiker Karl Raben als
Kriminalkommissar ausgerechnet dem Sicherheitsdienst unter Reinhard Heydrich angedient, um
insgeheim einen ruchlosen Mord an einem Kommunisten rächen zu können.
Seine herausragenden kriminalistischen Fähigkeiten hatten gleichwohl zu solch
hervorragenden Ergebnissen geführt, dass ihm der zweitmächtigste Mann der SS so
schätzt, dass er ihm sogar einen Ariernachweis für seine jüdische Frau und deren Mutter
zuschanzte. Eine gefährliche Gunst, mit der Raben zu höchster Loyalität gezwungen ist.
Nun liegt der nächste Roman um Raben vor unter dem Titel Tag des Triumphs und
Autor Christian von Ditfurth führt damit ins Jahr 1935. Nach dem Röhm-Putsch hat sich
das Nazi-Regime konsolidiert und der Rechtsstaat existiert quasi nicht mal mehr auf dem
Papier.
Zum Auftakt aber stehen erst einmal Kriminalkommissar Lichtigkeit und seine Kollegen von
der normalen Berliner Kripo vor dem mysteriösen Fall eines Frauenmordes, der mutmaßlich
weit mehr ist als nur ein Sexualverbrechen. Bildschön ist diese Leiche einer
Edelprostituierten, was die Presse zur Schlagzeile von einer Aphrodite führt.
Die hatte offenbar Freier in den höchsten Kreisen und war außerdem die Schwägerin eines
Generals in der Reichswehrspitze. Doch nicht nur mit diesem Geheimnisträger hatte sie
auch verkehrt. War sie womöglich eine hochkarätige Spionin und wenn ja für wen?!
Und ausgerechnet jetzt steht Karl Raben als gewieftester Kriminalist nicht zur Verfügung.
Ihn hat Heydrich persönlich mit einem weiteren Gestapo-Mann auf Sondermission nach Prag
entsandt. Mit einem (historisch verbürgten) Mordauftrag: dort im Exil treibt der
abtrünnige Nazi Otto Strasser sein Unwesen und arbeitet mit seiner Schwarzen
Front gegen das Hitler-Regime. Das Attentat misslingt zwar, Heydrich ist dennoch so
begeistert von Rabens verwegenem Agieren, dass er ihn sogar befördert.
Außerdem gibt er ihn frei für die Ermittlungen im Fall Aphrodite. Der
verschlungene Verbindungen offenbart, bei denen widerstreitende Kräfte für immer neue
brenzlige Situationen für Raben sorgen, denn er tanzt weiterhin heimlich auf mehreren
Hochzeiten. Weiter verfolgt er die Mörder aus seinem ersten Fall, wird aber auch selbst
zur Zielperson.
Während Autor von Ditfurth als Historiker und versierter Meister politischer Thriller
Hauptfigur Raben zuweilen ziemlich viele James-Bond-Qualitäten zugesteht, faszinieren
gerade einige der vielen historischen Figuren um so mehr. Allen voran der geniale eiskalte
Zyniker Heydrich, der brillant gezeichnet ist.
Doch auch die übrigen großen Namen der NS-Nomenklatura sind exzellent ins
großenteils reale Geschehen eingebaut und man sich gar nicht sattlesen an den
Dialogen, die oft knochentrocken bis rabiat daherkommen. Die Dramaturgie ist einmal mehr
komplex, vielschichtig und mitreißend.
Das präzise Zeit- und Lokalkolorit sorgt wie bei diesem Autor üblich für einen
Hochgenuss, denn selbst wilde Vorgänge wirken da weitgehend authentisch (oder sind es
sogar). Fazit: ein historischer Politthriller vom Feinsten und mindestens so filmreif wie
die Kriminalromane Volker Kutschers aus derselben Epoche.
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