KATE KITAGAWA/TIMOTHY REVELL: „DIE GROßEN UNBEKANNTEN DER MATHEMATIK“


Die Griechen haben die Mathematik erfunden und dann kamen Männer wie Galilei und Kopernikus, bis Newton und Leibniz die sogeannte „Wissenschaftliche Revolution“ lostraten bis hin zu Einstein? Das mag die allgemeine Sichtweise sein, doch sie ist nur sehr bedingt zutreffend und in manchen Aspekten sogar falsch.
Um die ganze Geschichte der Mathematik zu erzählen und viele Wissenslücken zu beseitigen, haben die Mathematikhistorikerin Kate Kitagawa und der Wissenschaftsjournalist Timothy Revell die in Wahrheit weltweite Entstehung und Entwicklung untersucht.
„Die großen Unbekannten der Mathematik“ ist daraus entstanden und der Untertitel dieses Sachbuchs lautet „Warum die Geschichte der Mathematik älter, östlicher und weiblicher ist, als wir glauben“. Womit bereits ein Vorurteil geradegerückt wird: dass es einzelne weiße männliche Genies aus Europa waren, die all die Weisheiten entdeckt und entwickelt haben. Es gab den Weg von der griechischen Antike bis Einstein, aber das war nur ein Zweig.
Die Geschichte der Mathematik wurde schon dadurch verzerrt, dass sie viel vielfältiger war und ihre Fortentwicklung nicht linear verlief. In lebendigen Kapiteln mit Titeln wie „Über die >Ursprünge der Null“, „Newtonismus und die Damen“ oder „Die mathematische Jungfrau“ wird nicht nur aufgedeckt, dass der Satz des Pythagoras viel früher bewiesen wurde als von ihm und die Inder einige Jahrhunderte vor Kopernikus entdeckt hatten, dass die Erde um die Sonne kreist.
Spannendes gibt es über die Entwicklung der Zahlensysteme, deren Ursprung auf Systeme indischer Mathematiker zurückgeht. Besondere Aufmerksamkeit aber gebührt den Ausführungen über den weiblichen Aspekt der Mathematik. Der weitaus größer und bedeutsamer ist, als es die männliche Geschichtsschreibung jemals wahrhaben wollte.
Da gab es schon vor rund 2.000 Jahren die chinesische Mathematikerin Ban Zhao. Selbst in westlichen Kreisen aber wusste man früh von Hypatia um 400 n.Chr., die eine solch fähige Mathematikerin war, dass sie sogar schon ein Astrolabium zu konstruieren vermochte. Und es passt ins Bild, dass sie dann von fanatischen Christen ermordet wurde.
Doch auch zu Zeiten der „Wissenschaftlichen Revolution“ erwiesen sich Frauen als große mathematische Köpfe wie Sophia, die Schwester des Astronomen Tycho Brahe im 16. Jahrhundert oder im 19. Jahrhundert dann die Russin Sophie Kowaleewski, die entgegen allen Widerständen in Stockholm die erste Mathematikprofessorin wurde.
Erst durch ein Bcuh wie dieses wird die Geschichte der Mathematik vollständig: sie war schon immer global und sie war schon früh keine rein männliche Wissenschaft. Fazit: ein Lesegenuss wir wissenschatliche interessierte Laien, die dafür nicht einmal ausgeprägte Mathe-Fähigkeiten haben müssen.

# Kate Kitagawa/Timothy Revell: Die großen Unbekannten der Mathematik. Warum die Geschichte der Mathematik älter, östlicher und weiblicher ist, als wir glauben (aus dem Amerikanischen von Nastasja S. Dresler); 399 Seiten, div. SW-Abb.; Goldmann Verlag, München; € 24

WOLFGANG A. NIEMANN (wan/JULIUS)

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