OWEN BOOTH: „DANIEL BONES“

 
Daniel Bones, etwa 16, lebt unter ärmlichen Verhältnissen in einem kleinen abgeschiedenen Austernfischerdorf an der englischen Ostküste. Alles ist hier trist und hoffnungslos. Bis eines Tages ein ungewöhnlicher Mann in einem aufblasbaren Gummianzug aus dem Meer steigt.
Der sorgt nun für all das, was der Titel dieses Debütromans verheißt: „Die wirklich wahren Abenteuer (und außerordentlichen Lehrjahre) des Teufelskerls Daniel Bones“. Zum Vorbild nahm der preisgekrönte britische Literat Owen Booth für seinen Captain Clark B., der hier in den 1880er Jahren aus dem Meer steigt, den Schausteller und Abenteurer Paul Bayton (1848-1924).
Der erfand einen ähnlichen Froschanzug, der als Vorreiter der ersten Überlebensanzüge gilt. Als nun hier der „furchtlose Froschmann“ an Land geht und sich vorstellt, tut er dies zur Vermarktung seiner Erfindung. Als wolle er die ganze Welt erobern, spielt er sich großmäulig auf und erklärt im Übrigen, dass er für seine Werbetour einen Assistenten benötige.
Seine Wahl fällt sofort auf Ich-Erzähler Daniel, der zwar schon immer davon träumte, seine unwirtliche Heimat zu verlassen, sich dennoch aus gutem Grunde sträubt. Seit vor vielen Jahren die Mutter unter ungeklärten Umständen verschwand, hat er Mühe, seinen jüngeren Bruder Willi vor dem widerwärtigen Vater zu beschützen, der ihn nicht nur im regelmäßigen Suff immer wieder brutal verprügelt.
Da Willi nach einem erneuten Exzess mal wieder verschwunden ist, und er in der Dorfkneipe heftig ermuntert wird, willigt Daniel doch ein. Und schon geht es auf die Werbetour, um den lebensrettenden Anzug anzupreisen. Was nun in den meisten Fällen heißt, dass Daniel ihn vorführen muss.
Spätestens auf dem Zug durch den europäischen Kontinent – mal per Dingi und Faltboot, mal per Kutsche oder Eisenbahn – lernt Daniel den „Cap“ als unglaublichen Aufschneider und Narziss kennen, der gar nicht anders kann als anzugeben und zu lügen und zu betrügen.
Im Gefolge macht der hünenhafte Selbstdarsteller gegen Bezahlung auch Werbung für Waren und Geschäfte und übt Liebesdienste für reiche Damen aus. Vor allem Letztere4s mit einigem Erfolg, auch wenn das zu manch heiklen Situationen führt. Erst allmählich wird dabei aus Daniel mehr als nur ein ausgenutzter Handlanger, doch er lernt allerhand von Cap und ist bald gleichfalls wenig zimperlich.
Schließlich gesellt sich noch der Straßenjunge Andrea dazu und wird von Cap ebenfalls angeheuert. Und auch zu dritt ist es ein unaufhörliches Drunter und Drüber, das dieses schräge Trio durch Europa und bis in die Häuser von Aristokraten und höheren Kreisen treibt. Manche Aufschneidereien und Abenteuer grenzen ans Lächerliche, sind jedoch in dichter redseliger Prosa so bunt und lebensnah dargebracht, dass man sich schier atemlos daran lesen kann.
Das hat zuweilen einen Hauch von Charles Dickens, vor allem aber ganz viel von Mark Twain mit seinen sprühenden Abenteuern. Nur die teils deftigen sexuellen Aktivitäten spielten bei den beiden Klassikern noch keine soclh deftige Rolle. Und natürlich darf sogar auf ein Happyend gehofft werden, dass dann noch mit einigen Überraschungen aufwartet.
Fazit: ein auf herrlich altmodische Weise erzählter Roman voller Abenteuer – und wenn sie nicht wahr sein sollten, sind sie doch gut erfunden.

# Owen Booth: Die wirklich wahren Abenteuer (und außerordentlichen Lehrjahre) des Teufelskerls Daniel Bones (aus dem Englischen von Ulrike Wasel und Klaus Timmermann); 376 Seiten; marebuchverlag, Hamburg; € 25

 
WOLFGANG A. NIEMANN (wan/JULIUS)

Dieses Buch bei Amazon.de bestellen. 


Kennziffer: BEL 1770 - © Wolfgang A. Niemann - www.Buchrezensionen-Online.de