BARRY STRAUSS: DIE GEBURT DES
RÖMISCHEN KAISERREICHS
Die Seeschlacht bei Actium am 2. September im Jahr 31 vor Christus wurde zum Mittelpunkt
einer gewaltigen Zeitenwende. Sie läutete das Ende des 3000 Jahre alten ägyptischen
Reichs und den Beginn des Römischen Imperiums ein.
Dieses gewaltige Schauspiel beschreibt Barry Strauss in seinem Sachbuch Die Geburt
des Römischen Kaiserreichs als Drama in vier Akten. Der Untertitel Antonius,
Kleopatra, Octavian und die Schlacht bei Actium nennt bereits drei der vier
wichtigsten Akteure.
Als Experte für antike Militärgeschichte geht der Professor für Alte Geschichte und
Klassische Archäologie an den US-Universitäten Cornell und Stanford zunächst gründlich
auf die Entwicklung ein, die schließlich bis Actium und den Schlussakt führte. Das
geschieht mit sehr weitreichenden Ausführungen über die Bürgerkriege nach der Ermordung
Caesars.
Strauss geht bei aller Detailfreude jedoch nicht trocken wissenschaftlich vor, sondern
beschreibt bis in Einzelheiten anschaulich und unterhaltsam, dass allerdings ganz und gar
fundiert. Wobei er ein Grundproblem iummer wieder erläutert: die teils dürftige, teils
widersprüchliche Faktenlage. Doch er spekuliert dazu nicht, vielmehr zeigt er begründete
Hypothesen und verschiedene Perspektiven auf.
Die Ausgangslage allerdings ist gut belegt, als sich der Feldherr Marcus Antonius,
Adoptivsohn Caesars, und der 20 Jahre jüngere Octavian die Herrschaft im Imperium Romanum
quasi geteilt hatten. Experte Strauss schildert, wie der ebenso ehrgeizige wie gewiefte
Octavian insgeheim die Alleinherrschaft anstrebt und dabei auch Antonius auf raffinierte
politische Weise bekämpft.
Der regiert von Alexandria aus als eigentlicher Herrscher Ägyptens und ist der
ptolemäischen Königin Kleopatra noch mehr verfallen als einst Caesar. Auch in der Antike
wurde bereits mit Propaganda bis hin zu 'Fake News' gearbeitet und Octavian setzte beides
skrupellos ein. Kleopatra galt als schön und klug, vor allem aber waren sie und ihr Reich
unvergleichlich reich.
Barry Strauss geht hier wiederholt auf das negative Bild der mächtigen Frau ein, Die
wahre Geschichte der Königin stehe in keinem Geschichtsbuch, denn die
literarische Quellenlage sie sehr dünn. Vor allem aber beruhe das abträgliche Bild weit
überwiegend auf Überlieferungen durch ihre Feinde. Dem stünden jedoch ägyptische
Andeutungen gegenüber, dass sie eine hervorragende und beliebte Königin gewesen sei und
das immerhin über 21 Jahre.
Der Konflikt zwischen Octavian und Antonius aber eskalierte schließlich im Jahr 32 v.Ch.
Derart, dass Letzterer gemeinsam mit der ägyptischen Herrscherin der Bedrohung durch
Octavian mit einem Präventivschlag zuvorkommen und das italienische Hauptland erobern
wollte. So verlegten sie eine riesige Flotte und Truppen an die westgriechische Küste bei
Actium.
Doch statt zu überzusetzen und einen Landkrieg anzugehen, zögerten sie so lange, dass es
stattdessen schließlich zu der größten größten Seeschlacht der Antike kam. Wie
bereits zuvor spielte auch hier der vierte Mitspieler eine äußerst wichtige Rolle als
loyaler Mitstreiter Octavians: Marcus Agrippa, einer der erfolgreichsten Feldherren der
römischen Geschichte.
Es liest sich hochspannend, wie am 2. September 31 v.Ch. die beiden Schlachtflotten mit
hunderten von Schiffen und rund 200.000 Mann aufeinandertrafen. Der Historiker beschreibt
nicht nur die Flotten und ihre Kämpfe detailliert, er eröffnet auch die wohl
zutreffendste Darlegung über die offenbar geplante Flucht Kleopatras und Antonius' samt
des Staatsschatzes am Rande des Schlachtgetümmels.
Bleibt Akt IV mit der Landschlacht bei Alexandria mit dem Ende des Antonius am 1. August
30 v.Ch. Und dieser August 30 setzt mit Kleopatras Suizid den Schlusspunkt des
ägyptischen Reichs und ebnet Octavian endgültig den Weg an sein Ziel. Zwei Jahre später
verleiht ihm der systematisch entmachtete Senat die Alleinherrschaft als Augustus
Caesars Adoptivsohn ist der erste Kaiser des Römischen Reichs.
Fazit: eine vielfach nicht angemessen gewürdigte Schlacht als Dreh- und Angelpunkt einer
historischen Wende sondergleichen, hier ebenso fundiert wie fesselnd dargestellt.
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