ANDREW MILLER: „DIE KORREKTUR DER VERGANGENHEIT“


Februar 1809, eine Kutsche bringt den halbtoten Captain John Lacroix in das geerbte väterliche Haus in Südengland. Nur mühsam erholt sich der Kavallerist von den Verwundungen, die er in der verlustreichen Schlacht im spanischen La Coruma gegen die Franzosen erlitt.
Damit beginnt der hochkarätige Historienroman „Die Korrektur der Vergangenheit“ von Andrew Miller. Darin greift der britische Erfolgsautor auf, was Krieg und Kriegsverbrechen aus den Menschen machen. Während sich Captain Lacroix dank der Pflege seiner Haushälterin von den körperlichen Wunden erholt, quälen ihn die seelischen Blessuren mit Dämonen der Erinnerungen.
Dann wechselt die Erzählebene nach Spanien zu einem Kriegsgericht unter Colonel Don Ignacio, wo ein schlimmes Kriegsverbrechen gegen Dorfbewohner untersucht wird. Es waren Geschehnisse, wie sie leider in jedem Krieg vorkommen können, doch es soll ein Schuldiger gefunden und ein Exempel statuiert werden.
Captain Lacroix wird als Verantwortlicher erachtet und der grobschlächtige britische Corporal Calley ist der wichtigste Augenzeuge. Er wird nun entsandt, um Lacroix zu liquidieren, ihm zur Seite der feinsinnige spanische Weinhändlersohn Medina. Der soll die Exekution bezeugen, wobei er seine Zweifel an der Richtigkeit dieses Auftrages hegt.
John Lacroix weiß von all dem nichts, als er nun jedoch angewiesen wird, nach der Genesung wieder in den Dienst zu gehen, entzieht er sich dem. Stattdessen will er seine Traumata in der Ferne überwinden und die Hebriden-Inseln nordwestliche Schottlands sind ihm gerade entlegen genug, um vielleicht ein bisschen Seelenfrieden wiederzufinden.
Während er unterwegs seine Schwester besucht und ja nicht ahnt, dass ihm Häscher auf den Fersen sind, eröffnet der sehr bildhaft gefasste breite Erzählstrom auch Zeit für Passagen komödienhafter Feinheiten wie die köstlichen Szenen, wenn der Herr Kavallerist auf einer Kuh gen Norden reitet.
Dann sind da wieder die schrecklichen Bilder, die nicht weichen wollen. Doch tatsächlich findet er auf einer der windumtosten abgelegenen Inseln so etwas wie Lidnerung. Und sogar ein unverhofftes Glück, als er auf die Geschwister Cornelius, Jane und Emily trifft. Es sind recht eigenwillige Menschentypen, in Emily aber verliebt er sich schließlich.
Und wie sich ein Liebesglück entfaltet und er sich zudem hingebungsvoll für diese junge Frau engagiert, die nicht nur kompliziert ist, sondern wegen einer mit Blindheit drohenden Krankheit seine besondere Fürsorge braucht – da wird der bewegende Roman zur leidenschaftlichen Liebesgeschichte.
Doch die ungleichen Rächer sind ihm gnadenlos auf der Spur – mehr aber sei nicht verraten von diesen ebenso mitreißenden wie tiefgründigen Schilderungen. Andrew Miller hat das alles virtuos geschrieben, so dass hier aus einem spannenden Historienroman ein literarischer Hochgenuss wird, der lange nachhallt.

# Andrew Miller: Die Korrektur der Vergangenheit (aus dem Englischen von Nikolaus Stingl); 479 Seiten; Zsolnay Verlag, Wien; € 28

 
WOLFGANG A. NIEMANN (wan/JULIUS)

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