FRIEDRICHS/HUSBAND: GREAT
PUBS
Gibt es wirklich kein englisches Pendant des schönen deutschen Wortes
Gemütlichkeit? Wer das behauptet, war noch nie in einem echten alten
anglischen Pub. Und wer noch nie im Vereinigten Königreich ein solches kennengelernt hat,
sollte sich den großen Textbildband Great Pubs. Eine Reise durch Englands
Pub-Kultur zu Gemüte führen.
Der Fotograf Horst A. Friedrichs und der Reisejournalist Stuart Husband haben sich dafür
zusammengetan und vom Südwesten bis zum Nordosten Englands 33 ebenso typische wie
individuelle dieser Kultureinrichtungen porträtiert. Die Pubs seien Englands
flüssige Geschichte betont im Vorwort John Warland, der eigens die Liquid
History Tours zur Erkundung einer der ältesten Kulturstätten Westeuropas ins Leben
gerufen hat.
Pubs sind für Menschen da, sagt er und schreibt diesen Orten der Geselligkeit
viele gute Eigenschaften zu vomn Ort der Zuflucht und Verpflegung über den Treffpunkt,
den Kummerkasten und den gepflegten Anlaufpunkt gegen Einsamkeit. Und in der Tat sind die
Pubs für sehr viele Menschen wie ein zweites Zuhause, was aufgrund der meist gediegenen
Atmosphäre verständlich ist. Und was auch die meist hohe Zahl an Stammgästen erklärt.
Die Autoren haben herrliche Beispiele aufgesucht, einige bereits Jahrhunderte alt und als
Herz der Gemeinde noch immer unverzichtbar. Stimmung ist das entscheidende Wort für das,
was einen beim Betreten empfängt, eine Behaglichkeit im eher milden bis schummrigen
Licht. Viel überwiegend ganz dunkles Holz, viel Messing und dunkelgrünes Leder prägen
das Interieur, das oft nostalgische Eleganz mit liebevollen Details verbindet. Manches
Mobiliar ist wie die oft alten bunten Fenster noch von imperialem Glanz, während
andererseits nur selten die Dartscheibe fehlt.
Man ahnt bei den großartigen Fotografien, wie hier der Geist des Pubs seine Gäste dunkel
anheimelnd umschmeichelt. Doch soi viel sie auch gemeinsam haben mögen, eines gilt für
jedes Pub: größte Individualität bis hin zum Kamin, an dem Spleene ebenso gut pflegen
lassen wie am gewaltigen Thresen mit den glänzenden Zapfhähnen.
Wer sich durch dieses wunderbare Kompendium durch die einzigartige Welt der Pubs hat
führen lassen, der versteht auch die Sorge um diese uralte Institution des
Zusammenlebens. Inflation, hohe Biersteuern, Corona und rasant steigende Energiekosten
bedrohen Pubs zu hunderten inj ihrem Fortbestand. Eines wird jedenfalls auch denm hiesigen
Leser nach dieser Lektüre unmissverständlich klar: ein echtes Pub hat meine einer
simplen Eckkneipe so gar nichts gemein.
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