EUGEN RUGE: „POMPEJI“


Die Geschichte um den Untergang der Stadt Pompeji im Jahr 79 n. Chr. durch den Ausbruch des Vesuv war ganz anders, als wir meinen. Mittendrin stand einer namens Jowna alias Josephus alias Josse. Die ahre Geschichte wurde nämlich auf 18 Schriftrollen niedergeschrieben und dann für die Nachwelt in einer Amphore versteckt.
So sagt es die Vorrede für den Roman „Pompeji oder Die fünf Reden des Jowna“, dem neuesten Werk von Erfolgsautor Eugen Ruge. Dazu fügt es sich, dass der Autor ursprünglich Mathematiker war und einst einige Jahre am Zentralinstitut für die Physik der Erde an der Akademie der Wissenschaften der DDR in der Erdbebenforschung tätig war.
Dazu sollte man wissen, dass die blühende Stadt Pompeji im Jahr 62 n. Chr. durch ein Erdbeben schwer heimgesucht worden war. Ursächlich war dafür offenbar der Monte Somma, der derzeit den Vesuv deutlich überragte. Nun, 17 Jahre später und während der Wiederaufbau der Stadt noch immer nicht abgeschlossen ist, gibt es erneut Unheil dräuende Vorzeichen: Tiere sterben an giftigen Gasen, man vermerkt zuweilen einen schwefeligen Geruch und es gibt unerklärliche Risse im Mauerwerk.
Die Beunruhigung wächst, doch erst als der aus ärmlichen Verhältnissen stammende Metzgerssohn Jowna sein bis dato unvermutetes Redetalent entdeckt, kommt Bewegung auf unter den besorgten Bürgern. Man tut sich zu einem „Vesuvverein“ zusammen und diese Bürger lassen sich von Jowna – der dank seiner brillanten Reden immer höher steigt – davon überzeugen, in sicherer Entfernung vom Vulkan etwas großes Neues zu gründen, die Siedlung „Fenster des Meeres“.
Und die Gesellschaft kommt in Bewegung. Aber – je mehr das um sich greift, desto mehr fürchten die Wohlhabenden um ihren Wohlstand, wenn selbst Gutbürgerliche abzuwandern drohen. Besonders betroffen sieht sich die ebenso schöne wie reiche Livia Nuministria, Gattin des Stadtoberhaupts und selbst Bauunternehmerin.
Sie hat denn auch eine Idee, wie diesem Rattenfänger Jowna beizukommen ist, indem sie sich der Sache höchstpersönlich annimmt. Mit skrupellosen Verführungskünsten wickelt sie den so von sich Überzeugten bald derartig ein, dass er als wahrer Wendehals nun die große Umkehr einleitet – statt davonzuziehen einfach dazubleiben und eventuellen Bedrohungen zu trotzen, das sei das Gebot der Stunde.
Nach der einen Bewegung nun die entgegengesetzte. Und was machen schon die Bedenken, wenn die Vorteile doch so verlockend sind und die schöne Livia sie so überzeugend verscheucht: „Niemand interessiert sich dafür, was du gestern gesagt hast. Sie wollen wissen, was du heute sagst.“ Absurdistan und die Gier siegen und was schließlich bei dem Vulkanausbruch – nicht aus heiterem Himmel aber bei sehr heiterem Himmel – passierte, ist bekannte Geschichte.
Die hier erzählte aber klingt nicht nur kraftvoll satirisch sondern auch höchst gegenwärtig. Das entfaltet sich einerseits recht verschlungen und komplex, bereitet jedoch andererseits nicht zuletzt dank der köstlichen Protagonisten und einer ganz modernen, zuweilen deftigen Sprache ein faszinierendes Lesevergnügen voller Esprit, Witz und Komik.

# Eugen Ruge: Pompeji oder Die fünf Reden des Jowna; 364 Seiten; dtv Verlag, München; € 25

 
WOLFGANG A. NIEMANN (wan/JULIUS)

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