PETER URBAN: „ON AIR“


Seit 1997 prägt Peter Urban mit seinen trockenen Kommentaren die Fernsehübertragungen vom European Song Contest und in diesem Jahr soll es das jetzt 25. und auch letzte Mal sein. Doch der inzwischen 75-jährige Musikexperte hat ja weit mehr als das gemacht und davon erzählt er nun in einem umfangreichen Memoirenband.
„On Air“ lautet der Titel und das sind „Erinnerungen an mein Leben mit der Musik“, wie es passend im Untertitel heißt. In Bramsche geboren und in Quakenbrück aufgewachsen, kommt er früh mit Musik in Berührung. Da ist es eine ulkige Anekdote, wann er erstmals im Radio zu hören war: 1961 bei der Übertragung eines Gottesdienstes im NDR war er der Messdiener mit dem hörbaren Glöckchen.
Ebenso launig und anschaulich erzählt Urban zunächst von Kindheit und Jugend. Wobei dann in den frühen 60ern die neue Musik alles andere verdrängt. 1965 erlebt er die Beatles sogar live in Essen und als er zum Studium nach Hamburg geht, nutzt er einen Auslandsaufenthalt in London zu ausgiebigen „Studien“ der dort wild wuchernden Musikszene.
Es kommt zu frühen quasi historischen Momenten, wenn er zum Beispiel bei einem Konzert den ersten Kurzauftritt eines gewissen Jimi Hendix in England erlebt. In Hamburg wiederum rutscht er ins Radio-Business mit eigenen Sendungen, die teils Kult werden. Dabei ist seine Offenheit für viele Stilrichtungen und alles Neue eine Art Markenzeichen.
Und während er einerseits als leidenschaftlicher Fan des HSV im Volkspark-Stadion sogar zeitweise als Stadionsprecher fungiert, kommt es immer öfter zu teils legendär gewordenen Interviews mit Weltstars. Wie 1983 sehr freundschaftlich mit Harry Belafonte oder 1988 mit einem sehr offenen Keith Richards.
Oder Urban hat filmreife Begegnungen wie 1999 mit Linda Ronstadt, Emmylou Harris und Dolly Parton im berühmten New yorker „Waldorf Astoria“. Wo ihm das Damen-Trio sogar ein kleines Ständchen bringt. Aus dem Privatleben dagegen erfährt man nur noch von seiner Familiengründung auf Umwegen mit fast 50 und von einigen schweren gesundheitlichen Problemen.
Wodurch es sogar passierte, dass er als Fernseh-Kommentator für den ESC zu Krücken greifen musste. Gerade von den Großereignissen des Grand Prix berichtet Urban ausführlich und mit viel Einblick hinter die Kulissen. Ein gewisses Maß an Narzissmus schwingt auch dort stets mit, stört bei der lockeren Erzählweise aber kaum.
Im Übrigen erweist sich Peter Urban als echter Experte für Pop- und Rockmusik, der die Grundlagen noch zur „Echtzeit“ ganz persönlich kennengelernt hat. Fazit: der Soundtrack eines ganzen Lebens mit der sogenannten U-Musik ganzer Generationen und für Nostalgiker eine wahre Fundgrube.

# Peter Urban: On Air. Erinnerungen an mein Leben mit der Musik; 539 Seiten, div. Abb.; Rowohlt Verlag, Hamburg; € 25

WOLFGANG A. NIEMANN (wan/JULIUS)

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