KRISTINA HAUFF: „IN BLAUKALTER TIEFE“


Caroline Kepler, Ende 40, elegant und selbstbewusst, empfindet sich beruflich und privat in einer Krise. Um so erfreuter ist sie, als Ehemann Andreas, Teilhaber einer Wirtschaftsrechtskanzlei, ihr einen Traumurlaub mit einer gecharterten Segelyacht ankündigt.
Damit eröffnet Kristina Hauff ihren neuen Roman unter dem Titel „In blaukalter Tiefe“. Carolines Freude wird jedoch umgehend gedämpft, denn so dringend eine gemeinsame Auszeit für ihre kriselnde Beziehung nötig wäre – der beruflich so brillante aber privat zunehmend verunsicherte Andreas will einen Mitarbeiter und dessen Partnerin mitnehmen.
Dieser Daniel arbeitet verbissen bis zur Unterwürfigkeit daran, sich so zu bewähren, dass ihn Andreas zum Teilhaber der Kanzlei beruft. Hingebungsvoll unterstützt ihn dabei Tanja, die sensible Altenpflegerin. Die sich in diesem Quartett von vornherein als Underdog unwohl fühlt. Aber sie zieht loyal mit, zumal es für zehn Tage in den idyllischen Schärengarten vor Schwedens Küste gehen soll.
„Alles bei Andreas muss groß sein“, denkt sich Caroline ohne Verwunderung über die elegante Yacht, mit der sie nun lossegeln. Dass die ausgerechnet „Querelle“ - auf Deutsch „Streit“ - heißt, ist kein gutes Omen. Wie auch schon bald die großartigen Charakterzeichnungen zeigen, die sich aus den von Person zu Person wechselnden Perspektiven eröffnen.
Einzig Eric, der Skipper, bleibt ein Geheimnis. Ein attraktiver verschlossener Mann, der sich mit seiner natürlichen Autorität bald schon erstmals gegen Alphatier Andreas durchsetzen muss. Doch auch innerhalb des Quartetts führen erste Reibereien zu Animositäten, aus denen heraus sich die Atmosphäre immer mehr auflädt.
Als treibendes Gift wirken zusätzlich beunruhigende Nachrichten aus der Kanzlei, weil bei einem großen Kunden ein Skandal droht. Während sich Daniel um Entschärfung bemüht, überzieht Andreas seine Machtspiele, egal ob gegenüber der viel jüngeren Tanja oder Caroline.
Mit jeder Zeile spürt man die sich steigernde stimmungsmäßige Klaustrophobie an Bord. Das erinnert stark an Yasmina Rezas „Der Gott des Gemetzels“ und auch hier sorgt die unausweichliche Nähe für reichlich Zündstoff. Zu dem Skipper Eric durch seine Wirkung auf Caroline wie auch auf Andreas beiträgt.
Geradezu zwanghaft steuert die „Querelle“ dann auch ganz real ins Unwetter und in ein dramatisches Finale. Wobei die Autorin ihre Kenntnisse als Seglerin geschickt in das sich mit viel Sogwirkung entwickelnde Geschehen eingeflochten hat.
Fazit: „In blaukalter Tiefe“ ist allerfeinste Unterhaltung, psychologisch überzeugend und mit stetig steigender Intensität erzählt. Und das mindestens ebenso filmreif wie Polanskis cineastische Umsetzung von „Der Gott des Gemetzels“.

# Kristina Hauff: In blaukalter Tiefe; 282 Seiten; hanserblau, Berlin; € 23

 
WOLFGANG A. NIEMANN (wan/JULIUS)

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