JONAS DAHM/CARL DOUGLAS: „GEISTERSCHIFFE“


Über 3000 Tauchgänge führten der Unterwasserfotograf Jonas Dahm und der Historiker Carl Douglas in rund 14 Jahren in der Ostsee durch und ihre Ausbeute daraus ist schier unglaublich.
Das belegt nun der große Bildband „Geisterschiffe“. Eine Reise zu den Wracks der Ostsee“. Rund 400 von vielen tausenden dort untergegangener Schiffen haben die beiden schwedischen Unterwasserforscher aufgesucht und 49 von ihnen fanden nun Eingang in diese außergewöhnliche Chronik.
Wobei es bisher nur wenig derartige Erforschungen gegeben hat, dabei ist die Ostsee sogar ein besonders ergiebiges und günstiges Areal für Wracktaucher und Unterwasserfotografen. Was an den speziellen Konditionen des Baltischen Meeres liegt, denn da es recht kalt ist und einen niedrigen Salzgehalt aufweist, steht man hier nicht in Konkurrenz zu der überall sonst nagenden Schiffsbohrmuschel, die Wracks regelrecht wegfrisst.
Was für derartige Tauchgänge in Wassertiefen bis zu 110 Meter neben so manchen Hinweisen und Lagekenntnissen vonnöten ist, sind ein umfangreiches Equipment und viel Zeit. Immer wieder helfen auch das Echolot oder der Zufall, der dann auch zu einem Wrack wie dem des bis dato als verschollen geltenden englischen Frachters „Liro“ mit seiner Ladung Kohlen für Tallinn führt.
Die Taucher betonen, dass sie die Wracks unberührt lassen und auch die Fotos lediglich mit der notwendigen Ausleuchtung inszenieren. Da liegen dann im grünlichen Schimmer des unwirklich erscheinenden Lichtes Überreste eines der größten Kriegsschiffe seiner Zeit, der schwedischen „Mars“, die 1564 in einer Schlacht versenkt wurde. Aber auch eines solch vergleichsweise jungen Wracks wie ein im Zweiten Weltkrieg versenktes sowjetisches U-Boots.
Der Zustand der Funde ist jeweils sehr unterschiedlich und neben Utensilien wie technischem Gerät oder auch Galionsfiguren und Takelage finden sich auch vereinzelt menschliche Überreste. Und manche Handelsschiffe erwiesen sich sogar zum Beispiel als Champagner-Wrack – einst unterwegs zum russischen Zaren! - oder als Porzellan-Wrack mit teils unbeschädigtem blau-weißen Fürstenberger Porzellan an Bord.
Zu allen diesen geheimnisvollen Wracks, die da geisterhaft faszinierend auf dem Meeresboden liegen, gibt es kompakte Erläuterungen über die Ereignisse, die konkret oder mutmaßlich zum Untergang geführt haben. Das ist dann ebenso sachlich informativ wie spannend. So manches dieser Wracks erweist sich als wahre Zeitkapsel und eines beweist dieser beeindruckende Bildband auf jeden Fall: die Ostsee ist eine historische Schatzkammer und diese beiden Taucher gewähren einen Blick hinein, der nur wenigen Menschen vergönnt ist.

# Jonas Dahm/Carl Douglas: Geisterschiffe. Eine Reise zu den Wracks der Ostsee (aus dem Schwedischen von Lisa Arnold), 268 Seiten, 145 farbige Abb., Großformat; Malik Verlag, München; € 45

 
WOLFGANG A. NIEMANN (wan/JULIUS) 

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