CHRISTIAN von DITFURTH: TANZ
MIT DEM TOD
Es beginnt mit politischem Mord und es endet damit: der Auftaktroman zu einer Reihe von
Krimis um den jungen Kriminalpolizisten Karl Raben, der sich Anfang der 30er Jahre auf
einen Pakt mit dem Teufel einlässt.
Christian von Ditfurth, nicht nur Autor spannender Kriminalromane sondern auch Historiker,
hat sein jüngstes Werk Tanz mit dem Tod überschrieben. In den der noch
unerfahrene Kriminalassistent Raben Ende 1932 alsbald hineinstolpert, als er zu seinem
ersten Mordfall ausrücken muss.
Im roten Berliner Stadtteil Wedding ist in einer Kneipe ein kommunistischer Funktionär
von einer Gruppe SA-Männern regelrecht hingerichtet worden. Da die Nazis längst überall
ihre Finger drin haben, hat die Kriminalpolizei ein sehr mäßiges Interesse an der
Aufklärung des Mordes. Der unpolitische Raben dagegen ist vom Ruf nach Gerechtigkeit
beseelt und lässt nicht locker.
Tatsächlich gelingt ihm die Überführung des Rädelsführers Gustav Fehrkamp und dem
droht nun die Todesstrafe. Aber im Januar 1933 kommt es zur Machtübernahme der
Nazis, die gerade auch bei sämtlichen Sicherheitsbehörden durchschlägt. Und Raben, eben
zum Kriminalkommissar befördert, muss zu seinem Entsetzen erfahren, dass Adolf Hitler
persönlich den Mörder nicht nur begnadigt sondern sogar für seinen Akt politischer
Säuberung ausgezeichnet hat.
Unfassbar für einen Idealisten wie Raben und der will Fehrkamp trotz allem seiner
gerechten strafe zugeführt sehen. Dafür lässt er sich auf einen heiklen Pakt ein mit
dem neuen starken Mann bei der Polizei: SS-Standartenführer Reinhard Heydrich. Was Raben
aber nicht nur wegen seines Gerechtigkeitssinns tut sondern auch aus berechtigten Ängsten
um Ehefrau Lena.
Sie ist jüdischer Herkunft und Raben hat Befürchtungen wegen der drohenden
Entwicklungen. Heydrich, der irgendwie einen Narren an dem eifrigen Raben gefressen hat,
bindet ihn nun auf perfide Weise an sich, indem er für Lena und deren Mutter einen
Ariernachweis ausstellen lässt.
Lena ist wenig erfreut, als ihr Mann ihr eröffnet, welchen Preis er dafür bezahlt hat:
Ich bin der SS beigetreten. Sie aber hält seine Sorgen für arg übertrieben,
Doch Raben hat seine Ahnungen, denn er hat erlebt, wie im Polizeipräsident binnen
weniger Tage Leute Befehle gaben, die vor einem Jahr noch von der Politischen Polizei
überwacht wurden.
Doch nun ist er selbst Teil dieses Apparates samt der neu eingerichteten Geheimen
Staatspolizeiabteilung. Heydrich macht ihn zum SS-Untersturmführer (entsprechend
Leutnant) und setzt ihn auf Ernst Röhm an, den Chef der SA. Die Rüpeltruppe reißt immer
mehr Macht im Dritten Reich an sich, Heydrich aber macht aus seiner Verachtung für
das Schwulenpack keinen Hehl.
Während Raben einerseits bei dem misstrauischen Röhm aufläuft, verfolgt er andererseits
weiterhin den längst zum Intimfeind gewordenen Fehrkamp. Mag sich das Alles auch wegen
vieler, oft politischer Dialoge relativ action-arm gestalten, steigert sich das historisch
absolut authentische Geschehen immer mehr, denn Heydrich ist der gnadenlose Strippenzieher
dessen, was im Juni 1934 als sogenannter Röhm-Putsch in die Geschichtsbücher einging.
Auch wenn Raben mit dem blutrünstigen Geschehen der berüchtigten Nacht der langen
Messer im bayerischen Bad Wiessee nicht direkt zu tun hat, erlebt er die Entmachtung
der Machtelite der SA unmittelbar mit. Und es sei auch verraten, dass es auch Gustav
Fehrkamp trifft.
Dieser vielversprechende Serienauftakt, den Christian von Ditfurth für einen Zeitraum bis
in die Nachkriegsjahre plant, fesselt als Historienkrimi aus dunklen Zeiten mit brillanten
Charakterzeichnungen überwiegend historischer Figuren sowie mit ganz viel Zeit- und
Lokalkolorit. Fazit: wer Spannungsliteratur vor ganz realem geschichtlichem Hintergrund zu
schätzen weiß, wird hier bestens bedient.
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