MELISSA C. HILL/ANJA STAPOR: „LUPUS NOCTIS“

 
Das Rollenspiel „Die Werwölfe von Düsterwald“ ist schon lange ein Klassiker unter den etwas heftigeren Gruppenspielen. Da treten auf der einer Seite Spieler als Werwölfe an, um die Bewohner eines Dorfes zu töten. Die ihrerseits wollen die Bestien töten.
Aus dieser Vorgabe wollten Meliassa C. Hill und Anja Stapor, Freundinnen aus Schulzeiten, einen Jugendthriller schreiben, wobei die Dorfbewohner zur Erhöhung der Spannung noch mit besonderen Fähigkeiten ausgestattet sein sollten. Die Frage war nur, in welchem möglichst schaurigen und zugleich ganz realen Setting sie ihren Roman spielen lassen wollten.
Und dann die Erleuchtung: die Beiden hatten in ihrer Zeit als Gymnasiasten im bayerischen Gunzenhausen immer wieder quasi drauf gesessen – auf dem Gitter eines Lüftungsschachtes für ein viele Meter unter der Erde gebautes Hilfskrankenhaus. Riesengroße Katakomben, atombombensicher erbaut um Kalten Krieg und bis 1996 tatsächlich in Funktion gehalten.
„Lupus Noctis“ lautet nun der Titel des daraus entwickelten Romans und da war es an Theo, für die Neuafulage des Rollenspiels mit seiner Gruppe nicht nur eine noch ausgefeiltere Version auszutüfteln, sondern auch eine passende Szenerie anzubieten. Auf nicht ganz legale Weise ergattert er schließlich den Schlüssel zum Bunkerkrankenhaus und am 31. August geht es los.
Eileen und Lena sind wieder dabei und auch Marcel. Aber auch Jakob, der als Einziger noch in Gunzenhausen wohnt, weil er das Abi versemmelt hat. Da Hanan diesmal verhindert ist, nimmt Theo an ihrer Stelle seine Nachhilfeschülerin Josefine mit, für die dies das erste Rollenspiel dieser Art ist.
Mag sich der Einstieg auch recht langsam eröffnen und das Spiel anfangs trotz der unheimlichen Atmosphäre im Labyrinth des teils noch voll ausgestatteten Krankenhauses noch wie gewohnt anlaufen, ist doch früh eine gewisse Anspannung zwischen den Akteuren zu verspüren.
Eine gewisse Verunsicherung breitet sich dann aus, als sie zunehmend das Gefühl bekommen, nicht allein hier unten zu sein. Als dann unvorhergesehene Dinge passieren und am zweiten Tag auch noch der Schlüssel für den Ausgang verschwunden ist, kommt allmählich Panik auf. Dann wird ein Spieler eingeschlossen und sie entdecken, dass sie offenbar durch Überwachungskameras beobachtet werden.
Die Stimmung gerät aus den Fugen. Und es stellt sich die Frage: spielt hier jemand ein obskures Psycho-Spielchen mit ihnen? Die komplexe Handlung läüft zusehends aus dem Ruder und als dringend Hilfe benötigen, erweist sich die meterdicke Stahlbetonhülle des Bunkers als zuverlässige Abschirmung für jeglichen Handy-Empfang.
Das alles steigert sich mit elektrisierender Spannung zu einem hochdramatischen Finale – ansonsten aber sei nur noch verraten, dass das Rollenspiel nicht nur satte Überraschungen offeriert sondern auch Opfer kostet. Fazit: so einfach und plakativ dieser Thriller auch geschrieben ist, mit seiner raffinierten Geschichte wird er junge Leser ab 14 trotzdem bis zuletzt fesseln.

# Melissa C. Hill/Anja Stapor: Lupus Noctis; 411 Seiten, Klappenbroschur; Dressler Verlag, Hamburg; € 15

 
WOLFGANG A. NIEMANN (wan/JULIUS) 

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