TOMI OBARO: „FREUNDIN BLEIBST DU IMMER“


Drei Freundinnen, die so eng miteinander sind wie Schwestern, ihre Lebensläufe, eine Luxus-Hochzeit, die sie nach fast 30 Jahren wieder zusammenführt. Und das alles vor der authentischen Kulisse von Nigeria zwischen den 80er Jahren und Dezember 2015.
Diesen ganz besonderen Kosmos erschuf die US-Autorin Tomi Obaro in ihrem Debütroman „Freundin bleibst du immer“. Entgegen dem harmlosen Titel und der Konstellation der drei engen Freundinnen ist dies jedoch kein typisch Frauenroman, wo feminin er auch durchgehend ist.
1982 lernen sich die Drei an der Universität in Zaira im Norden Nigerias kennen. Obwohl sie von Herkunft und Charakter sehr unterschiedlich sind, werden sie schnell enge Vertraute. Da ist Funmi, mit 19 die jüngste von ihnen, der schon jetzt bewusst ist, dass ihre Attraktivität ein Pfund ist, mit dem sie einst wuchern will. Wie die weniger hübsche Enitan, die streng christlich erzogen wurde, studiert sie Pflegewissenschaften.
Dritte im Bunde ist Zainab, eine Schönheit aus einer muslimischen Akademikerfamilie, die ihren Hijab allerdings eher gewohnheitsmäßig trägt. Sie studiert Anglistik und will Schriftstellerin werden. Im Übrigen ist sie mit dem politisch engagierten Damola liiert, dem Funmi dann schöne Augen macht. Was die enge Freundschaft gleichwohl nicht wirklich stört.
Und so wie alle drei aus verschiedenen Ethnien stammen, so vielfältig sind auch ihre gemeinsamen Erlebnisse. Ob Studium, Studentenleben oder auch die politischen Unruhen jener Jahre – es sind spannende Zeiten. Wobei die ungewollte Schwangerschaft Funmis zu einem der Höhepunkte des Romans führt, als die „katastrophenaffinen Freundinnen“ für die Abtreibung sorgen. Illegal und bei Taschenlampenlicht.
Das Auseinanderdriften nach dem Studienabschluss – mit dessen Fotobeschreibung der Prolog die Drei anfangs vorstellt – ist ein Totales. Da folgt die wenig selbstbewusste Enitan dem ersten Mann, der ihr Komplimente macht, nach New York. Sie erlebt amerikanischen Rassismus und auch die hastig geschlossene Ehe hält nicht, was beides für ein gespaltenes Verhältnis zu ihrer Tochter sorgt.
Zainab heiratet einen Freund ihres Vater, aber aus Liebe. Die glückliche ehe mit vier Söhnen schlägt jedoch um, als der Ehemann nach Schlaganfällen schwer behindert ist und ausgerechnet sie, die bewusst nicht Pflegewissenschaften studiert hat, nun zur Pflegerin werden muss.
Und dann führt der Sprung in Gegenwart von 2015 zu Funmi, die die Freundinnen zu der feudalen Hochzeit ihrer Tochter Destiny mit dem auserwählten Dele eingeladen hat. Die stets so selbstbewusste Schönheit ist an der Seite eines Mannes von fragwürdigem Reichtum zur luxusverwöhnten gelangweilten Egozentrikerin geworden.
Nun also das Wiedertreffen der drei Frauen zu dieser bombastischen Yoruba-Hochzeit. Auf der ganz viel entgegen den Erwartungen verläuft. Das Band dieser außergewöhnlichen Freundschaft aber erweist sich auch nach 30 Jahren der Trennung als erstaunlich tragfähig.
Das Faszinierende an diesem schillernden Roman liegt vor allem in dem tiefen Einblick in schwarzafrikanisches Leben mit sehr realen Gesellschaftsverhältnissen. Tomi Obaro hat die Schicksale und Handlungsstränge geschickt miteinander verwoben und mit quirligem, zupackendem Temperament zu Papier gebracht. Fazit: diese exotische Geschichte offenbart ein Lesevergnügen der besonderen Art.

# Tomi Obaro: Freundin bleibst du immer (aus dem Amerikanischen von Stefanie Ochel); 317 Seiten; hanserblau, Berlin; € 24

WOLFGANG A. NIEMANN (wan/JULIUS)

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