ROBERT HARRIS: „KÖNIGSMÖRDER“


Als nach Oliver Cromwells Tod 1658 die Monarchie wiederhergestellt und 1660 Charles II. zum König gekrönt wurde, begann damit die Restauration in England. Um das Reich nach den Bürgerkriegen wieder zu einigen, erließ Charles den „Act of Indemnity and Oblivion“.
Dieses Amnestiegesetz galt für alle, die zuvor auf Seiten der Republikaner gekämpft hatten. Fast für alle – mit Ausnahme jener 59 Männer, die das Todesurteil für Charles I. unterzeichnet hatten, worauf dieser am 30. Januar 1649 öffentlich hingerichtet worden war. Etliche von ihnen waren bereits verstorben, 25 in Gewahrsam und ganze 13 noch auf der Flucht.
Zweien dieser „Königsmörder“ hat der britische Erfolgsautor Robert Harris einen Roman unter eben diesem Titel gewidmet. Nah an den historischen Ereignissen hat er ihn verfasst und nur Richard Nayler, hoher Beamter des Kronrats, ist eine rein fiktive Figur. Die allerdings nicht nur als große Klammer des zwei Jahrzehnte umspannenden Bogens eine zentrale und überaus realistische Rolle spielt, sondern auch als der Jäger.
Im Mittelpunkt aber stehen seine beiden Zielpersonen, die jeweils als Oberst unter Cromwell gedient hatten. Edward Whalley, Mitte 60, war sogar ein Cousin des Lordprotektors, und William Goffe, Anfang 40, sein Schwiegersohn. Gemeinsam waren sie den Jägern der Königsmörder gerade noch per Schiff in die amerikanischen Kolonien entkommen.
Dort herrschten noch sehr primitive Zustände, doch besonders unter den puritanischen Auswanderern erfreuten sich die Flüchtlinge deutlicher Sympathien, denn auch sie waren ja alles alles andere als Freunde der Monarchie. Was sich jedoch ändern sollte, als ihnen bald schon Nayler nachreiste und mit einer schlichten Auslobung für den Verlust der Sicherheit sorgte: für jeden der Beiden wurden 100 Pfund Sterling Kopfgeld ausgesetzt, zu jenen Zeiten ein beträchtliches Vermögen.
Und dieser Nayler ist nicht nur fanatisch und unermüdlich, er hat auch nicht nur offizielle sondern zusätzlich sehr persönliche Gründe für seine gnadenlose Verfolgung. Er will Rache, denn Whalley und Goffe waren es einst, die ihn in den Kerker werfen ließen und den Tod seiner Liebsten verursachten. Es setzt eine Odyssee durch die Weiten in der dünn besiedelten Wildnis ein, in der sich die Gejagten in immer größerer Bedrängnis verstecken.
Trotz dieser spannenden Abenteuer in der Fremde sind es die eingebetteten autobiografischen Niederschriften Edward Whalleys, die diesen bestens recherchierten Historienroman zu einem mitreißenden Abriss der Ereignisse machen. Aus dem engsten Kreis um Cromwell schildert der Offizier diese ebenso charismatische wie diktatorische Lichtgestalt der Republikaner, die noch heute als umstritten gilt.
Welch fatale Auswirkungen in dessen Walten wie auch unter den strenggläubigen amerikanischen Neusiedlern die fanatische Gottesunterwerfung hatte, ist heute nur noch schwer nachzuvollziehen aber historisch belegt. Die kongenial mit der abstrusen Reliquie des Königsmörderjägers Nayler korrespondiert: ein Taschentuch, das er als Zeuge der Hinrichtung von Charles I. in dessen Blut getaucht hatte.
Und es wird eine epische Menschenjagd, die größte des 17. Jahrhunderts, die hier fesselnd und sehr authentisch von einem Meister des Genres ausgebreitet wird. Besonders für die vielen Freunde solcher Romane ein absolutes Muss.

# Robert Harris: Königsmörder (aus dem Englischen von Wolfgang Müller); 544 Seiten; Heyne Verlag, München; € 24

WOLFGANG A. NIEMANN (wan/JULIUS) 

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