TILMAN RÖHRIG: „DER MALER UND DAS REINE BLAU DES HIMMELS“


Franz Marc (1880-1916) war als einer der wichtigsten Maler des Expressionismus und Wegbereiter der Moderne. Den produktivsten Jahren des vor allem für seine besonderen intensiven Farbgebungen bekannten Meister gilt nun der Roman „Der Maler und reine Blau des Himmels“.
Einmal mehr widmet sich damit Tilman Röhrig einem berühmten bildenden Künstler. Es sei jedoch vorweg festgestellt, dass es sich eben nicht um eine Künstlerbiografie sondern um einen Unterhaltungsroman handelt. Für den der Autor allerdings gewohnt intensiv recherchiert hat und das alles vor sehr realem Hintergrund erzählt.
Bekanntlich war Marc nicht nur ein Maler der ausdrucksstarken Farben, auch sein Liebesleben war besonders zu Beginn seiner Karriere durchaus bunt zu nennen. Im Roman wechseln die Perspektiven nun zwischen Marc und seiner späteren Ehefrau Maria Franck. Sie leidet darunter, dass der Geliebte einerseits noch mit Marie Schnür verheiratet ist, die er nicht zuletzt aus wirtschaftlichen Gründen geehelicht hatte.
Andererseits spielt die langjährige Geliebte und lebenslange Freundin Annette Simon auch weiterhin eine durchaus nicht platonische Rolle. Pikant ist aber auch, dass Maria, die selbst eine fähige Malerin war, einst an der Damen-Akademie für Malerei Schülerin von Marcs Noch-Ehefrau war.
Marcs leidenschaftliche Hingabe an sein Schaffen wird nun insbesodnere im Zusammenleben mit Maria, mit deren Eifersucht und der von beiden mit Ungeduld erwarteten Scheidung beherrscht. Doch es wechseln sich nicht nur immer wieder Lebensleben und erfindungsreiches künstlerisches Schaffen ab, immer stärker kommen auch die Begegnungen und Partnerschaften mit anderen Künstlern ins Spiel.
Mit Kollegen wie Wassily Kandinsky, Gabriele Münter und ganz besonders mit August Macke gibt es Freundschaften und Rivalitäüten. Man denke an die Künstlervereinigung „Der blaue Reiter“ und den Kampf um die Anerkennung, bei dem sie sich mit ihren „Schmierereien“ sogar massiver Anfeindungen erwehren mussten.
Doch der Umbruch in der Kunst lässt sich nicht aufhalten und Franz Marc wird dabei eine Galionsfigur der Moderne. Und dann setzt der Erste Weltkrieg dem so prägenden und allmählich Anerkennung findenden Ausnahmekünstler ein abruptes Ende. So beiläufig wie sinnlos, dass es wie eine Vorlage für die berühmte Abschlussszene von Erich Maria Remarques Antikriegsepos „Im Westen nichts Neues“ erscheint.
Dieser chronolo9gisch gehaltene Roman bietet den emotionalen Seiten dieses Künstlerlebens breiten Raum und dabei bedient sich Autor Röhrig eines ungewöhnlichen Kunstgriffs: nicht nur der Stil ist wie aus einer fernen Zeit, vor allem die Dialoge klingen, als kämen sie direkt aus jenen Jahren.
Fazit: wer sich auf diese altmodische Prosa – hier aber souverän gemeistert – einlässt, findet ein auf sehr eigene Weise fesselndes Lesevergnügen vor dem Hintergrund einer echten Biografie mit diesem opulenten Roman.

# Tilman Röhrig: Der Maler und das reine Blau des Himmels; 535 Seiten; Piper Verlag, München; € 26

 
WOLFGANG A. NIEMANN (wan/JULIUS)

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