JONATHAN STROUD: „SCARLETT & BROWNE. DIE BERÜCHTIGTEN“


„Scarlett & Browne. Die Outlaws“ war einer der atemberaubendsten Jugendthriller der letzten Jahre. Nun hat der britische Kultautor Jonathan Stroud die Fortsetzung folgen lassen und es sei vorweg gesagt: die ist noch besser geraten.
„Scarlett & Browne. Die Berüchtigten“ lautet diesmal der Titel und der trifft vollauf zu, denn die Beiden haben ihre Zusammenarbeit in den vergangenen sechs Monaten noch perfektioniert. Jetzt steht der nächste Banküberfall an und Albert Brownes Fähigkeit des Gedankenlesens ist dabei ungemein hilfreich.
Noch einmal zur Erinnerung: alles ereignet sich in einer dystopischen Zukunft in einem Großbritannien, das nach der „Großen Verheerung“ nicht nur geografisch geschrumpft ist. Die rabiate Gesellschaft teilt sich auf in sieben Königreiche, die eigentliche Herrschaft aber übt der Hohe Rat vom rigoros alles bestimmenden Glaubenshaus aus. Außerhalb der Städte, die etwa auf einem Entwicklungsstand wie der Wilde Westen mit Elektrizität sind, ist es lebensgefährlich für jedermann.
Dort treiben nicht nur mutierte allesfressende Tiere ihr Unwesen sondern auch die gefürchteten Gezeichneten, die alles Lebendige jagen und vertilgen. Diese zombie-ähnlichen Bestien sind Nachfahren der Apokalypse.
Die kampferprobte 17-Jährige und der tolpatschige zwei Jahre jüngere Albert mit den besonderen Gaben, den Scarlett einst vor seinen Häschern vom Glaubenshaus rettete, beklagen die Entführung ihres alten Freundes Joe und seiner stummen Enkelin Ettie durch die kriminelle „Bruderschaft der Hand“. Mit der arbeitet Scarlett zwar eigentlich zusammen, doch sie steht derzeit bei ihr unter Druck wegen nicht bezahlter Schulden.
Die Anführer der Bruderschaft erpressen Scarlett und Albert nun zu einem Raub wertvoller Reliquien. Der dann zwar gelingt, anschließend aber fallen sie dem Glaubenshaus-Agenten Mallory in die Hände. Er war einst wie Albert wegen übernatürlicher Begabungen in Stonemoor gefangen, hatte sich danach aber dem System angedient. Und nur mit Hilfe ähnlicher Fähigkeiten von Gedankenlesen und einigem mehr konnte er das Duo fangen.
In Milton Keynes, wo der Hohe Rat sein Zentrum hat, wird Scarlett und Albert kurzer Prozess gemacht und ihre Hinrichtung soll ein bombastisches Volksfest werden. Dieses Spektakel und alles drumherum wird nun zum aberwitzigen Höhepunkt des Romans. Entscheidend werden dabei Alberts magischen Kräfte der „Schlimmen Angst“. Bevor sie endgültig entkommen, muss sich Scarlett der Bruderschaft erwehren und Albert hat ein heftiges Duell der Übersinnlichen mit Mallory.
Über den weiteren ununterbrochen hochspannenden Verlauf sei nur noch zweierlei verraten: erstens erfährt Scarlett gerüchteweise, dass ihr jüngerer Bruder, den sie einst bei der Flucht verlor, womöglich nicht umgekommen ist, sondern von Sklavenhändlern verkauft wurde. Die es nun zu suchen gilt, denn das Geheimnis um Thomas quält seit Jahren ihr Gewissen.
Andererseits weiß Albert jetzt, dass in der berüchtigten Psycho-Anstalt, in der er jahrelang gepeinigt wurde, offenbar noch weitere Kinder mit besonderen Gaben festgehalten und dressiert werden. Also auf nach Südwesten nach Stonemoor und zu den berüchtigten Sklavenmärkten. Was auch heißt, dass es auf jeden Fall eine weitere Fortsetzung geben wird.
Die beiden ersten jedenfalls sind an Nervenkitzel und gewitzten Wendungen kaum noch zu überbieten. Dabei ist diese Welt nach der Apokalypse faszinierend erfunden und Jonathan Stroud übertrifft sich obendrein einmal mehr mit köstlichen Dialogen voller Sarkasmus und knorrigem schwarzem Humor. Fazit: ein weiteres absolut filmreifes Meisterwerk des Genres, wegen mancher Härten aber erst ab etwa 15 zu empfehlen. Und ganz sicher auch ein ganz großer Lesespaß für erwachsene Leser.

# Jonathan Stroud: Scarlett & Browne. Die Berüchtigten (aus dem Englischen von Katharina Orgaß und Gerald Jung); 444 Seiten; cbj Verlag, München; € 22

 
WOLFGANG A. NIEMANN (wan/JULIUS)

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