WOLFGANG STRUCK:
FLASCHENPOST
Die Flaschenpost hat ein ziemlich romantsiches Image und man denkt an rätselhafte
Botschaften oder letzte Hilferufe gestrandeter Schiffbrüchiger wie Robinson Crusoe. Dass
Flaschenposten in der Realität zumeist aber deutlich banaler sind, eröffnet nun eine
Untersuchung von Wolfgang Struck.
Flaschenpost. Ferne Botschaften, frühe Vermessungen und ein legendäres
Experiment lautet der Titel. Gerade letzteres hat der Autor, seines Zeichens
Professor für Neuere deutsche Literatur an der Universität Erfurt, in den Mittelpunkt
gestellt. Es ist jener berühmt gewordene Versuch von Georg Neumayer (1826-1909), dem
ersten Hydrographen der Kaiserlichen Marine zur Erkundung maritimer Strömungen.
Neumayer ließ durch eine Vielzahl deutscher Kapitäne insgesamt rund 6.500 Flaschen auf
den Weltmeeren aussetzen. Jede trug als Inhalt ein Formular und die Bitte, dieses mit
Antworten auf vorgefertigte fragen an sein Institut zurückzusenden. Ebenso wichtig wie
die Koordinaten des Auswurfortes war dann der Absender des Fundortes.
Tatsächlich wurden über 600 der Flaschen zurückgesandt, wofür manche über ein Jahr
benötigten. Mit den so gewonnenen Daten konnhte Ströungsnachweise erarbeitet werden,
auch wenn diese recht grob waren. Am wertvollsten sind für die Nachwelt all die
zurückerhaltenen Formulare mit teils interessanten Einträgen oder Randbemerkungen, die
heute in der Bibliothek des Bundesamtes für Seeschifffahrt und Hydrographie in Hamburg
aufbewahrt werden.
Etliche Abbildungen dieser Originaldokumente zieren dieses erzählende Sachbuch, das dabei
klarstellt, dass die Flaschenpost im Wortsinne erst etwa Mitte des 19. Jahrhunderts
aufkamen. Erst da wurde es durch die beginnende industrielle Fertigung von Flaschen
überhaupt erschwinglich, Flüssigkeiten in Glasbehältern auf See mitzunehmen.
Autor Struck widmet sich jedoch auch anderen Themen, die mehr oder weniger mit der
Flaschenpost zu tun haben bis hin zu literarischen Abhandlungen zum Beispiel in Form eines
Gedichts von Ringelnatz zum Thema. Fazit: die legendäre Flaschenpost hat eine weit
weniger schillernde Geschichte als vermutet, taugt aber durchaus für ein kurzweiliges
Sachbuch.
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