CHRIS WHITAKER: WAS AUF DAS
ENDE FOLGT
Mit dem sehr dunkel gefärbten Roman Von hier bis zum Anfang fand der
britische Autor Chris Whitaker ein sehr positives Echo bei Publikum und Kritik. Nun liegt
auf Deutsch auch sein Debütroman vor, der bei seinem Erscheinen vor sechs Jahren gefeiert
wurde.
Was auf das Ende folgt lautet diesmal der Titel und erneut ist der Schauplatz
eine kleine Stadt im Westen der USA, das adrette Tall Oaks. Gleich zu Beginn wird es
beklemmend, denn die alleinerziehende Mutter Jess wälzt sich schlaflos im Bett, von
steter Unruhe und Verunsicherung geplagt, seit Ehemann Michael sie plötzlich verließ.
In dieser Nacht aber werden allen ungefähren Ängste wahr. Ihr dreijähriger Sohn Harry
schläft seit kurzem in seinem eigenen Zimmer im Souterrain. Jess hat ihn im Blick über
ein Babyfon mit Monitor. Und sie wacht auf durch ein Flüstern eine Gestalt sitzt
im Stuhl bei Harry, ein Mann mit Clownsmaske.
Als sie mit einem Messer bewaffnet ins Zimmer stürmt, ist der Eindringling samt Kind
verschwunden. Im Laufe der Ermittlungen wird es immer quälender für sie, denn es kommen
Zweifel an ihren Schilderungen auf. Da wird der Polizist Jim bald der einzige, der noch zu
ihr hält, wenngleich aus sehr persönlichen Gründen.
Zunächst aber springt das Geschehen zu einem gänzlich anderen Akteur, dem jungen
Schnösel Manny, der nicht weniger als eine Karriere als Obergangster anstrebt. Wofür er
sich wie ein Mafia-Pate samt dreiteiligem Anzug trotz Sommerhitze und sogar
einem Feodora-Hut auftakelt. Mit Schutzgelderpressung und assistiert vom tolpatschigen Abe
will er ganz groß herauskommen und wird zur Witzfigur.
Eher tragisch erscheint dagegen das rundum verspottete Risenbaby Jerry, das nicht nur
unter seiner Figur und der lächerlich hohen Stimme leidet sondern auf beklagenswerte
Weise unter seiner gehässigen Mutter. Auch die weiteren Protagonisten sind mit Macken und
Besonderheiten geschlagen, der Entführungsfall aber zerbricht die bisher erfolgreich
gepflegte Oberfläche.
Da bricht nun vieles auf, das lange verborgen war und es besser geblieben wäre. Und es
entwickelt sich in dramaturgisch starken Wechseln eine herbe Mischung aus Tragik,
schräger Komödie und Krimi mit vielen menschlichen Abgründen.
Das fesselt dann bis zuletzt auch dank der schnörkellosen, lebensprallen Sprache, die
sich einer Schnoddrigkeit wie einst die hardboiled Krimi noir bedient. Auch wenn dieses
prachtvolle Sammelsurium von Figuren passagenweise viel schrägen Humor versprüht, darf
doch kein Happyend erwartet werden. Deftiger und spannender Lesespaß dagegen schon.
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