OLIVER BOTTINI: „EINMAL NOCH STERBEN“


Februar 2003, Krisensitzung beim Geheimdienstkoordinator: „Ein Informant des deutschen Nachrichtendienstes liefert den Amerikanern die Rechtfertigung für einen Krieg, den der Kanzler und der Außenminister öffentlich abgelehnt haben.“
Diese Situation ist historisch belegt und der Informant war Rafid Ahmed Alwan, ein irakischer Asylant, der behauptete, als Ingenieur an der Produktion von Massenvernichtungswaffen beteiligt gewesen zu sein, Doch wie glaubhaft ist dieser Informat mit dem Decknamen Curveball: „Wenn der Mann jetzt auch noch lügt...“
Um dieses Dilemma herum – das Eingeständnis der Lüge erfolgte tatsächlich im Jahr 2011 – hat Oliver Bottini einen sehr authentischen Politthriller unter dem Titel „Einmal noch sterben“ aufgebaut. Als einer der besten deutschen Krimi-Autoren der letzten Jahre erweist er sich in diesen etwas anders gelagerten Genre sogar als ein Meister, der eines John le Carré ebenbürtig ist.
In den Mittelpunkt stellt Bottini den Elitesoldaten Frank Jaromin, der als versierter Scharfschütze für den BND auch schon finale Aufgaben erledigt hat. Nun gibt es Meldungen einer irakischen Oppositionellen, die Beweise für die Lügen von Curveball liefern will. Während Jaromin diese brisanten Dokumente mit einem Team persönlich aus Bagdad herausholen soll, wird daheim die Spitzenkriminalistin Hanne Lay vom BKA – zweite Hauptfigur auf den schnell wechselnden Schauplätzen – direkt auf Curveball angesetzt.
Ihre Versuche, ihn durch Verhöre zu entlarven, werden beim BND massiv behindert und das nicht nur im Amt selbst. Dort zieht der Präsident selbst an undurchsichtigen Strippen und irgendwie ist man auch den US-Kollegen mehr als gewogen. Zumal Verteidigungsminister Colin Powell bereits seine legendären „Beweise“ gegen Saddam Hussein vor der UNO verkündet hat.
Der Countdown für den Irak-Krieg läuft längst und die Verwicklungen offenbaren verschwörerische Machenschaften. Denen Hanne Lay offenbar so nahe kommt, dass es beim BND ganz intern heißt: „Stoppt sie!“ Für Frank Jaromin aber kommt es noch heftiger, denn US-Stellen sorgen dafür, dass die Oppositionelle durch ihn umkommt, während ein Kollege auch ihren Führungsoffizier vom französischen Geheimdienst ausschaltet.
Mehr aber sei von dem exzellent geflochteten Thriller nicht verraten. Dass Curveballs Lügen nicht rechtzeitig auffliegen und im März 2001 der Krieg der westlichen „Koalition der Willigen“ eine folgenreiche Katastrophe über den Irak brachte, ist allgemein bekannt.
Was diesem Thriller seine hohe Qualität gibt, ist einerseits das Zeit- und Lokalkolorit, das ihn höchst realistisch und authentisch macht. Andererseits sind sämtliche Figuren ebenso glaubhaft wie spannend geraten. Allen voran der gebrochene Charakter des Elitesoldaten Jaromin, der über all seinen Sondereinsätzen längst seine Familie verloren hat.
Aber auch einige Drahtzieher beim BND haben ihre schizophrenen Schattenseiten, und wie Hanne Lay von der Jägerin zur Gejagten wird, ist eine Klasse für sich. Fazit: ein absolut filmreifes Meisterwerk des Genres.

# Oliver Bottini: Einmal noch sterben; 475 Seiten; DuMont Verlag, Köln;

€ 25

 
WOLFGANG A. NIEMANN (wan/JULIUS)

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