MOHSIN HAMID: DER LETZTE
WEIßE MANN
Eines Morgens wachte Anders, ein weißer Mann, auf und stellte fest, dass seine Hand
sich unleugbar tiefbraun gefärbt hatte. Bei diesem Eröffnungssatz eines Romans
muss man unweigerlich an Kafkas in einen Käfer verwandelten Gregor Samsa denken.
Auch wenn der Farbwandel nicht so krass existenzverändernd sein mag wie Totalverwandlung
aus dem Menschsein heraus, reagiert der Angestellte eines Fitnesszentrums doch mit Schock,
Entsetzen und Mordgedanken. Und er geht nicht mehr aus dem Haus. Bis die Lebensmittel
knapp werden. Und er erlebt nun eine Art Unsichtbarkeit als eine klassische Ausformung des
Rassismus.
Damit beginnt Mohsin Hamids jüngster Roman Der letzte weiße Mann. Ein Titel,
der Programm ist, denn im Gegensatz zu Gregor Samsa breitet der aus Pakistan stammende
Erfolgsautor hier kein Einzelschicksal aus. Anders gesteht seine so unfassbare Umwandlung
zunächst nur seiner einstigen Freundin Oona.
Bis er mit Verwirrung registriert, dass er nicht der einzige Betroffene ist. Was
allerdings vorläufig nur zu Anfeindungen, Aufruhr und spontanen Bürgermilizen führt.
Doch nach und nach setzt sich das Phänomen so weitgehend durch, dass die Weißgebliebenen
rapide zur Minderheit schrumpfen.
Probleme über Probleme für jedermann, Anders aber wagt sich nicht nur allmählich wieder
ins Leben, seine Beziehung zu Oona erblüht sogar wieder und tiefer als zuvor.
Schließlich gibt es eine sehr besondere Begegnung mit seinem todkranken Vater mit
bewegenden Momenten. Und dieser alte Herr ist denn auch der titelgebende letzte weiße
Mann.
Mohsin Hamid erzählt das alles souverän in ebenso kunstvoller wie präziser Prosa,
bleibt dabei aber ohne die denkbaren reißerischen Momente nah bei seinen Hauptfiguren.
Fazit: ein schmaler Roman, der jedoch fesselt und sehr viel Nachdenken anregt.
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