LENZ KOPPELSTÄTTER: ALMAS
SOMMER
Gustav und Alma Mahler waren ein außergewöhnliches Paar: hier das verschrobene
musikalische Genie, da der liebes- und lebenshungrige, viel jüngere Vamp als Muse an
seiner Seite. Was für ein Stoff für einen Roman.
Den hat nun Lenz Koppelstätter geschrieben und der Titel lautet Almas Sommer.
Der Erfolgsautor stellt den Sommer 1910 in den Mittelpunkt, in dem das Paar zum dritten
und letzten Mal zur Sommerfrische in die Südtiroler Dolomiten gefahren ist. Längst ist
die einstige leidenschaftliche Liebe des Paares erlahmt und die attraktive, 19 Jahre
jüngere Königin der Wiener Salons langweilt sich furchtbar an der Seite des
arbeitswütigen Komponisten.
Vor allem aber hatte und hat sie immer wieder Affären, darunter mit solchen
Berühmtheiten wie Oskar Kokoschka und Gustav Klimt. Die aktuelle heimliche Liebschaft mit
den unbekannten aufstrebenden Architekten Walter Gropius, dem späteren Bauhaus-Gründer,
aber beschwört etwas herauf, was diesen Sommer für den leidenden Musiker zum
Schicksalssommer machen wird.
In seiner stürmischen Verliebtheit reist Gropius Alma hinterher und verzückt sie mit
leidenschaftlichen Briefen. Und dann kommt es über einen davon (der ganz konkret
überliefert ist!) zum Eklat, denn aus bis heute ungeklärten Umständen gelangt der
direkt an Gustav Mahlers Adresse. Was im exzellent recherchierten Roman zu
Schlüsselszenen führt.
Wie ohnehin in den wechselnden Perspektiven zwischen den beiden sensiblen Narzissten die
hochkochenden Gefühle und noch mehr die vielen großenteils grundlegenden Unterschiede
der beiden emotionalen Charaktere mit ebenso eleganter wie präziser Prosa unter die Lupe
genommen werden. Ein Konfliktpotential wird offenbar, das für einen ohnehin
angeschlagenen Feingeist wie Gustav Mahler Gift sein musste.
Auch er schlug seinerseits Alma Wunden, doch das Drama förderte seinen frühen Herztod im
folgenden Jahr. In dem es für die 33-jährige Witwe hieß: Nun galt es erst einmal
wieder jung sein. Fazit: ein hinreißender Künstlerroman vor ganz realem
Hintergrund.
|