KOTARO ISAKA: „BULLET TRAIN“


Schon 2010 war die Thrillerkomödie „Bullet Train“ in Japan ein Riesenerfolg. Doch erst jetzt kommt der Roman des preisgekrönten Krimikönigs Kotaro Isaka auch im Westen heraus. Das aber aus triftigem Grund: seine Verfilmung mit Brad Pitt, Sandra Bullock und Lady Gaga kommt in diesem Sommer in die Kinos.
Gleichwohl sei „Bullet Train“ unbedingt in seiner Buchversion empfohlen, weil die Filmversion viele der hinreißenden Feinheiten gar nicht rüberbringen kann. Worum es geht: gleich fünf Auftragskiller fahren in demselben Shinkansen von Tokio nach Morioka im Norden Japans. Jeder hat seinen eigenen Auftrag, nicht klar ist allerdings die Zahl der Auftraggeber.
So rasant wie der berühmte Hochgeschwindigkeitszug legt auch sehr bald die Handlung der Geschichte los, die sich in absolut fesselnder Dramaturgie abwechselnd dem jeweils agierenden Killer widmet. Da steigt erst einmal der abgetakelte Kimura ein, angetrieben von Rachegedanken. Sein kleiner Sohn wurde von einem Übeltäter von einem Kaufhausdach gestoßen und liegt seither im Koma.
Ein Jüngelchen namens Oji war das und der sitzt in diesem Zug. Und dieser wie ein harmloser Konfirmand ausschauende 14-Jährige ist so abgebrüht, dass er Kimura lässig mit einem Tazer übertölpelt und fesselt. Oji, auch „der Prinz“ genannt, erweist sich als unfassbar niederträchtiger Manipulator mit frivolem Interesse zu letaler Gewalt.
Doch auch ein anderer Sohn spielt eine wichtige Rolle, der von Minegishi Senior, einem der ganz großen Unterweltbosse Tokios. Die Killerzwillinge Lemon und Tangerine – die aber nicht wirklich verwandt miteinander sind – haben den Jungen auftragsgemäß aus den Händen von Entführern befreit und auch den Koffer mit dem Lösegeld sichergestellt.
Dummerweise kommt ihnen der Koffer abhanden und während ihrer Suche danach haucht ihr Schützling auf rätselhafte Weise sein Leben aus. Was um so peinlicher wird, als der Gangsterboss telefonisch den genauen Sachstand wissen will. Und dann wäre da noch Nummer Fünf, Nanao, der entgegen seinem Spitznamen „Marienkäfer“ nicht nur kein Glückspilz ist, sondern sich selbst als glücklosester Killer der Welt bezeichnet.
Nicht zu Unrecht, wie sich nun immer wieder zeigt, und auch schon mal für einen anderen Ganoven mit Genickbruch enden kann. Wie nun ohnehin jeder mit jedem ins killermäßige Gehege kommt mit harten Attacken. Aber möglichst unauzffällig, denn die Herren Auftragskiller sind schließlich nicht allein im Zug. Wobei Lemon im Clinch mit Nanao jedoch konstatiert: „Kämpfen, ohne andere zu belästigen, ist sowieso unmöglich.“
Doch dieser atemberaubend im Shinkasen-Tempo dahinrasende Thriller lebt ja nicht nur von ungeheuer viel Action und verblüffenden Wendungen. Kotaro Isaka versprüht auch ein Feuerwerk an teils absurden Dialogen und so manche skurrile Szene ist nicht nur von Brutalität sondern von Aberwitz und Slapstick durchzogen. Oder von lockerem Zynismus, wenn der unverschämte Prinz einmal mehr die erwachsenen Killer auf die Schippe nimmt.
Dieses Kammerstück in einem Hochgeschwindigkeitszug ist brillant komponiert und das gilt auch für die hervorragend gezeichneten Charaktere. Der herumgeisternde Koffer sorgt dabei ebenso für einen roten Faden wie die Tatsache, dass bei solch einer Ansammlung von Killern natürlich nicht alle überleben können.
Das Alles ist schrill und schräg, zuweilen geradezu hinrissig und zugleich hochintelligent. Oder schlichtweg ein Meisterwerk des schwarzhumorigen Thrillers für nicht zu Zartbesaitete.

# Kotaro Isaka: Bullet Train (aus dem Japanischen von Katja Busson); 381 Seiten; Hoffmann und Campe Verlag, Hamburg; € 22

WOLFGANG A. NIEMANN (wan/JULIUS)

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