DIETMAR WISCHMEYER: „ALS MUTTI UNSER KANZLER WAR“


Nach dem Ende von 16 Jahren Angela Merkel im Kanzleramt kann einer wie Dietmar Wischmeyer nicht einfach zur Tagesordnung übergehen. So hat der für sein süffisant-respektloses Mundwerk berühmt-berüchtigte Kabarettist und Autor nun eine Chronik der speziellen Art über diese Ära vorgelegt.
„Als Mutti unser Kanzler war“ lautet der Titel und der Untertitel nennt das Anliegen beim Namen: „Erinnerungen an eine total krasse Zeit“. Nicht chronologisch sondern nach dem Alphabet und dabei von A wie Abschied bis Z wie Zukunft geht er vor. Wobei A auch auf Angela passt und damit den Anfang macht.
Was er der „ostzonalen Siegesgöttin in der Mutterschanze“ so alles in den Mund oder ins verschwiegene Denken legt, ist nicht nur von ätzender Satire – man vermeint die oft so sphinxhafte Alt-Kanzlerin durchaus dazu grinsen zu sehen. Doch was er da so alles zum Beispiel zur GroKo, zum Corona-Wahnsinn, zu Nachhaltigkeit und Diesel-Skandal ausbreitet, wird zuweilen provozierend realsatirisch.
Oder Wischmeyer ätzt mit dem Holzhammer wie zum Brexit: „Macht Gurkensandwichfressen eigentlich blöde?“ Natürlich bekommt auch ein gewissser Trump ein bisschen Fett weg und Putin (das Buch war am 24. Februar bereits abgeschlossen!) wird so zahm angegangen, dass er womöglich sogar beleidigt wäre über so viel Weicheierei. Dabei zählt gerade er zu den Potentaten, die Mutti als angeblich mächtigste Frau der Welt besonders gern in die Schranken wies (in welche und mit welchem Erfolg, bleibt ungenannt).
Und dann diese Phasen ihrer Kanzlerschaft mit den Wendezeiten von Klimagewese und Fake News über vegane Würste und Wölfen im Land bis zum Taumel der Sozen, Thermomix , Steingärten und anderen Kollateralschäden. Und Wischmeyer entlarvt Geheimnisse wie die Wahrheit über Schabowskis Zettel vom 9. November 1989 – für ganze 6.700 DM von einem bezahlten Mitarbeiter gefälscht.
Ganz viel Zeitgeist des Merkelozäns findet Niederschlag bis hin zur „toxischen Männlichkeit enthaarter Sitzpinkler“. Angereichert werden die Kapitel mit Kolumnen unter dem schönen Titel „Helden im Abseits“ mit Berühmtheiten wie Greta Thunberg, Dieter Bohlen oder KT zu Guttenberg. Fazit: ein freches Sammelsurium, mal pfiffig, mal mit dem Holzhammer, aber irgendwie – angemessen, so als etwas anderer Rückblick.

# Dietmar Wischmeyer: Als Mutti unser Kanzler war. Erinnerungen an eine total krasse Zeit; 333 Seiten, Klappenbroschur; Rowohlt Verlag, Berlin; € 18

 
WOLFGANG A. NIEMANN (wan/JULIUS)

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