IMOGEN CRIMP: „UNSER WIRKLICHES LEBEN“


Anna kommt aus einfachen Verhältnissen, srebt aber eine Karriere als Opernsängerin an. Im Gegensatz zu ihren Mitstudenten am Londoner Konservatorium schlagen sich die hohen Kosten für die 24-Jährige so stark nieder, dass sie nicht nur äußerst bescheiden haust, sondern auch abends in Jazz-Clubs singen muss.
Damit beginnt auch der Debütroman von Imogen Crimp unter dem Titel „Unser wirkliches Leben“. Und an einem solcher Abende begegnet die Ich-Erzählerin dem attraktiven und sehr selbstbewussten Max. Schon bald wird aus gepflegtem Ausgehen mit dem 38-jährigen Banler eine Affäre mit klaren Grenzlinien.
Teure Dinner und danach leidenschaftlicher Sex in seinem Londoner Appartement, aber keinerlei Einladungen in sein Haus in Oxfordshire oder Treffen mit seinem Freundeskreis. Entgegen seinen ersten Behauptungen gibt es allerdings offenbar eine Frau, von der er aber getrennt lebt. Ohnehin ist Max bei aller Intimität eher schweigsam und in gewisser Weise sogar unnahbar.
Anna jeoch lässt sich auf seine Bedingungen ein und genießt einen intensiven Winter mit Max. Dass er sie irgendwie auf Abstand hält, akzeptiert sie, da sie längst viel zu intensive Gefühle entwickelt hat, um sich zu sträuben. Und zugleich bohren Zweifel an sich selbst – ob sie ihm genügt, ob sie gut genug für die angestrebte Karriere ist mit ihren immensen Herausforderungen an Talent und Kosten.
Es kommen Misstrauen und Unsicherheit bei ihr auf, als sie heimlich Botschaften auf seinem Handy entdeckt. Was andererseits zu Streit führt. Und schließlich zur Trennung, so schwer es ihr auch fällt: „Aber er wollte mich nicht. Nicht so, wie ich ihn wollte.“ Eines hat sich jedoch geschworen, bevor sie anfing, kleine Geldgeschenke von ihm anzunehmen, ihm sogar mal den ein anderen Schein diskret zu mopsen und sich dann sogar Geld für ein kostenträchtiges Vorsingen in Paris zu leihen.: nichts wollte sie ihm schuldig bleiben.
In den nächsten Monaten bekommt sie ihr Leben einigermaßen in den Griff und geht auch eine beruhigende Verbindung mit ihrem Kommilitonen Frankie ein: „Er kommt nicht in die Nähe meines Seelenlebens.“ Und schließlich hat sie sogar das Geld für Max zusammen und findet seine Adresse heraus. Es wird eine winterliche Fahrt aufs Land und ein Happyend scheint nicht ausgeschlossen...
Imogen Crimp erzählt die interessante Geschichte einer sich ständig steigernden Abhängigkeit und wie schmerzlich die Loslösung davon sein kann. Das ist sehr feinfühlig aber auch mit viel Selbstbeschau geschrieben. Was jedoch durch die höchst interessanten Einblicke in das Gesangsstudium gemildert wird, wo die Autorin eigene Erfahrungen einfließen lässt. Fazit: ein gelungenes Debüt, von Inhalt und Form allerdings eher etwas für weibliche Leser.

# Imogen Crimp: Unser wirkliches Leben (aus dem Englischen von Margarita Ruppel); 464 Seiten; hanser blau, Berlin; € 22

WOLFGANG A. NIEMANN (wan/JULIUS)

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