MARIO SCHLEMBACH: HEUTE
GRABEN
Wenn jemand als Schriftsteller und Totengräber arbeitet, muss sich daraus wohl geradezu
zwangsläufig auch einmal ein literarisches Techtelmechtel ergeben. Genau das hat der
österreichische Erfolgsautor Mario Schlembach nun mit seinem dritten Roman unter dem
sinnfälligen Titel Heute graben vorgelegt.
Wieviel Autobiografisches da eingeflossen ist, mag Spekulation bleiben, immerhin ist
Schlembach selbst aus Bauernsohn neben einem Friedhof aufgewachsen. Wie der Ich-Erzähler,
der sich als Bauernhofbesitzer, Möchtegern-Schriftsteller und Totengräber bezeichnet.
Niedergeschrieben hat dieser das Alles in Tagebuchform und hofft auf einen Verlag, der das
als Buch herausbringt.
Das erste Heft für die täglichen Niederschriften hatte ihm A überlassen. Sie ist der
Ausgang seines unstillbaren Liebeskummers, seit er sie auf einer Bahnfahrt kennenlernte,
ein kurzes Glück mit ihre erlebte und sie dann abrupt verlor. Weshalb er sich nun auch so
gehen lässt und ausschaut wie ein verlotterter Jesus. Und der fast tägliche Umgang mit
Gräbern, Särgen und deren Inhalt macht auch nicht fröhlicher.
Trotzdem kommt er zu weiteren Frauenbekanntschaften, sehr unterschiedlich, aber durchweg
zeit sehr befristet. Alle werden in den Tagebüchern skizziert, wenngleich so anonym, dass
er sie einfach nur durchalphabetisiert. Nun ist der Totengräber, der eigentlich auch
Student ist, auch noch ein Hypochonder. Dem allerdings etwas wirklich Ernstes widerfährt.
Aber nicht einfach so, vielmehr hat er sich eingehend mit dem Werk Thomas Bernhards
befasst und dann erweisen sich seine Brustbeschwerden als das, worunter auch sein Idol
gelitten hat: Sarkoidose (Morbus Boeck). Was nun neben der Friedhofsarbeit und dem
Dating-Marathon auch noch zu immer neuen Arzt- und Klinikbesuchen führt.
Was Wunder, dass er sich zwischendurch als Weltschmerzhypochonder und Depressionsclown
bezeichnet und dazu so manchen durchlittenen Alptraum durchdekliniert. Morbide? Traurig?
Vor allem eine schräge Geschichte mit hinreißender trocken-naiver Selbstbeschau bei
mikroskopisch kleinem Selbstbewusstsein. Tragisch-komischer geht es kaum und zugleich
skurril, wenn es dann wieder ans Graben und die Särge geht.
Fazit: ein Schmankerl mit typischem Austro-Dunkelhumor und allerlei Tiefsinn.
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