SAM THOMPSON: DER JUNGE, DER
MIT DEN WÖLFEN SPRICHT
Auf dem Radweg stand ein Wolf. Mit diesem Satz beginnt der neue Roman des
englischen Erfolgsautors Sam Thompson und er hat alle Qualitäten, um ein echter
Kinderbuchklassiker zu werden.
Silas ist so überrascht über diese Begegnung, dass er keinerlei Angst empfindet. Um so
weniger, als das große dunkel Tier ganz zutraulich seine verletzte Pfote vorstreckt,
damit der Junge ihm einen eingetretenen Metallsplitter entfernt. Kaum ist der Wolf wieder
davon, wird Silas von einem Rudel Füchse umzingelt.
Deren Anführer Reynard spricht ihn an und will wissen, wohin der Wolf entflohen ist.
Silas, der in der Schule ein Riesenproblem mit dem Sprechen hat und deshalb als
Stiller gehänselt wird, kann auch jetzt nichts sagen. Doch bevor sich das
Rudel nun frustriert abwendet, beißt ihn die böse Füchsin Saffron noch heftig in den
Fuß. Zur Hilfe kehrt dann jedoch der Wolf zurück, der sich als Isengrimm vorstellt, und
irgendwie wundert sich Silas kaum noch, dass er auch ihn verstehen kann.
Das ist denn auch der spannende Auftakt zu Der Junge, der mit den Wölfen
spricht. Bis dahin dauert es allerdings noch ein wenig, denn seine quälende
Sprachbehinderung, von der nicht einmal seine Eltern wissen, wie schlimm sie außerhalb
der Familie ist, überwindet er gegenüber den Tieren erst mit Fortschreiten der
Ereignisse, die sich nun geradezu überschlagen.
Isengrimm bringt Silas tief in den Wald zu einem Versteck, wo seine schwangere Gefährtin
Hersent wartet. Die versorgt seinen Fuß mit Heilerde und er erfährt die schmerzliche
Geschichte der Wölfe, die von den Füchsen unterjocht und als Sklaven gehalten wurden.
Als sie einst beim Rudel auftauchten, gaben sie ihnen Namen und machten die Wölfe
verletzlich mit dieser neuen Macht der Sprache. Es raubte den einst so starken freien
Wölfen die Kraft: Sie waren voller Zweifel.
Damit errichteten die Füchse ein ganzes Herrschaftssystem und nannten es STADT. Die
anderen Tiere und allen voran die Wölfe mussten diese in Sklavenarbeit aufbauen und
schließlich überlebten nur noch Isengrimm und Hersent diese Fron und flüchteten. Silas
möchte seinen neuen Freunden nun helfen, doch durch einen fatalen Fehlern erreicht er
genau das Gegenteil.
Der hinterlistige Fuchsanführer Reynard übertölpelt den arglosen Jungen und es gelingt
der wilden Meute, die eben geborenen Wolfswelpen in die Fuchsstadt zu entführen. Jetzt
aber wird es spektakulär, denn Isengrimm und Hersent wollen die Kleinen mit der Hilfe von
Silas und einigen anderen Tieren befreien. Dazu aber müssen sie in die Unterwelt der
Füchse eindringen.
Es wird dramatisch und nur Silas kann sich und seine Freunde retten, falls es ihm endlich
gelingt, nicht nur als Wolfszunge zu sprechen, sondern auch noch die richtigen
Worte zu finden. Mehr sei dazu nicht verraten, denn es bleibt bis zuletzt absolut fesselnd
und geht tief unter die Haut.
Das ist dann nicht nur eine großartige tiefgründige und packende Geschichte, sie ist
auch noch mit einzigartiger Sprache erzählt. Hier gebührt auch der vorzüglichen
Übersetzung ins Deutsche durch Ingo Herzke ein großes Lob. Fazit: ein grandioser Roman
von zeitloser Schönheit, der nicht nur bei jungen Lesern ab etwa 12 Jahren unvergesslich
bleiben wird.
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