JUDITH KUCKART: CAFÉ DER
UNSICHTBAREN
Mann kennt die Geschichten um Menschen, die vor allem in langen einsamen Nächten zum
Telefonhörer greifen, um bei der Telefonseelsorge Hilfe, Trost oder auch nur ein wenig
Kontakt für leere Stunden zu finden. In Judith Kuckarts jüngstem Roman Café der
Unsichtbaren aber ist die Anordnung genau anders herum.
Sieben sehr unterschiedliche Menschen sitzen hier für das Berliner Sorgentelefon
e.V. in dreistündigen Nachtschichten auf der anderen Seite, allesamt Ehrenamtliche
mit einschlägiger Schulung. Der Roman spannt einen Bogen vom Gründonnerstag bis zum
Ostermontag und jeder dieser fünf Tage bildet ein Kapitel.
Das Team ist eine Zufallsgemeinschaft auf Zeit im Alter von 24 bis 79 Jahre. Jüngste ist
die Theologiestudentin Rieke, die den Telefonjob auch zur Vorbereitung ihrer ersten
Übungspredigt nutzt. Mit Wanda und Marianne sind zwei aus der DDR stammende Mitarbeiter
dabei, die eine arbeitet in einem Museum zu deren Geschichte, während die andere eine
traurige Buchhalterin ist.
Lorentz wiederum war Radioredakteur und hat sehr eigene Probleme, denn er neigt eigentlich
zur Kontaktscheu. Wogegen Matthias, der schlichte Bauarbeiter, der ein karges Leben
führt, sich schon in der Vorbereitung auf die Gemeindearbeit in die Kollegin Emilia
verliebt hat. Deren hervorstechendste Eigenschaft ist einfach nur, dass sie schön ist.
Bleibt die 79-jährige Ich-Erzählerin von Schwey zu erwähnen, ein gelassen heiterer Typ
mit diffuser Vergangenheit.
Allen zu eigen ist, dass sie selbst ihre Sorgenpakete mit sich tragen und die Dialoge am
Telefon auch etwas Therapeutisches haben. Wobei die Anrufer hier weitgehend Stichwortgeber
bleiben. Doch auch die Sieben dieser Osterschicht wobei das christliche Fest keine
nennenswerte Bedeutung für die Geschichte hat sind keine herausragenden
Protagonisten sondern eher unauffällige normale Menschen.
Ohnehin ist das Ganze ausgesprochen theatralisch aufgebaut mit Dialogen, die zumeist
wirken, als habe man ein Theaterstück vor sich. Und so spröde, wie ihr Verhältnis
zueinander bleibt, so bleibt es auch weitgehend untereinander. Fazit: ein feinfühliger
Roman mit lose skizzierten Charakteren in einem Reigen lose verbundener Szenen.
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