JENNIFER SAINT: „ICH, ARIADNE“


Jennifer Saint studierte alte Sprachen und das nährte zugleich ihre Liebe zur griechischen Mythologie. So sehr, dass sie aus bekannten Sagen einen spektakulären Roman geformt hat, der ziemlich genau den Überlieferungen folgt.
„Ich, Ariadne“ lautet der Titel und der deutet bereits das Außergewöhnliche dieser Neuinterpretation an: im Mittelpunkt steht die Tochter des tyrannischen Königs Minos und das sogar so unmittelbar, dass sie ihre dramatische Geschichte selbst erzählt. Eingefügt sind außerdem etliche Kapitel, in denen ihre jüngere Schwester Phädra als Ich-Erzählerin fungiert.
Alle Protagonisten haben ihren Part und natürlich fällen die Götter auch hier ihren Fluch über das kretische Königshaus, weil Ninos den Meeresgott Poseidon erzürnt hat. Da gebärt Ariadnes Mutter dann das Ungeheuer Minotaurus, halb Mensch, halb Tier und mit wildem Hunger auf junges Menschenfleisch.
Als nun erneut eine Fütterung mit sieben weiblichen und sieben männlichen Teenagern ansteht, gehört Prinz Theseus von Athen zu ihnen. Nun hatte sich aber Ariadne ihn ihn verguckt und kommt auf die geniale Idee mit dem berühmten Faden. Mit seiner Hilfe findet Theseus wieder aus dem lebensgefährlichen Labyrinth heraus, nachdem er das Ungeheuer getötet hat.
Mit dem Heiraten läuft dann allerdings einiges etwas anders als vorgesehen. Theseus erwählt nämlich Phädra, während Ariadne nun die Gattin von Dionysos, immerhin ein leibhaftiger Gott. Weiter geht es auf der Insel Naxos, wo eine Art antike Hippie-Zeit anbricht. Aber – wer die griechische Mythologie ein wenig kennt, weiß um die latente Gefahr für glückliche normale Menschen darin: „Unsterbliche konnten es nicht ertragen, von irgendjemandem übertroffen zu werden.“
Da nützen dann selbst manch seltsame Verwandtschaftsverhältnisse zu den Göttern nichts, um Tragödien abzuwenden. Was dann auch für dieses Heldendrama mit der weiblichen Perspektive gilt, ebenso plakativ wie theatralisch erzählt, als wäre es einer dieser legendären Sandalenfilme. Wer derartige Historienromane mag, wird hier bestens bedient, allerdings dürfte dieses Ariadne-Neuerzählung wohl eher weibliche Leser ansprechen.

# Jennifer Saint: Ich, Ariadne (aus dem Englischen von Simone Jakob); 406 Seiten; List Verlag, Berlin; € 24

 
WOLFGANG A. NIEMANN (wan/JULIUS)

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