BENJAMIN GRANT/TIMOTHY DOUGHERTY:
UNSERE ERDE VORHER UND NACHHER
2013 begründete Benjamin Grant das Projekt Overview, benannt nach dem
gleichnamigen Effekt jenes Blickes der Astronauten aus dem All auf die Erde. Mit Hilfe von
Satelliten- und Luftbildaufnahmen soll damit gezeigt werden, wie sich die Gestalt der Erde
durch den Einfluss des Menschen wie auch der Natur verändert.
Produkte und Partnerschaften sollen der Öffentlichkeit den Overview-Effekt und seine
eindrücklichen Botschaften näherbringen. Und natürlich Bücher wie jetzt der
prachtvolle Bildband Unsere Erde vorher und nachher., den er jetzt mit seinem
Overview-Partner Timothy Dougherty herausgebracht hat. Der Untertitel sagt, was darin
geboten wird: 250 Satellitenaufnahmen zeigen, wie wir die Welt verändern.
Untergliedert ist der Textbildband in die Kapitel Zivilisation, Ressourcen und Reaktionen.
Ein gewichtiger Aspekt ist dabei die Kombination von Satelliten- und Luftbildfotografie
mit dem Faktor Zeit. Erst durch Gegenüberstellung oder ganze Serien wird deutlich, wie
gravierend sich Konsum, Urbanisierung und Transportwesen auswirken. Oder
Umweltkatastrophen, wie sie bereits auf dem Cover präsentiert werden: eine ganze
Bilderserie von 2001 bis 2018 demonstriert mit erschreckenden Bildern die Austrocknung des
Aralsees, einst viertgrößter Binnensee der Erde.
Die meisten Veränderungen werden erst in der extremen Draufsicht als Ganzes erkennbar und
offenbaren atemberaubende Dimensionen. Wie zum Beispiel das hemmungslose Wachstum von
Shanghai mit seiner frappierenden Verdichtung von 1989 bis 2016 oder das längst bis in
die Wüste auswuchernde Las Vegas. Dann wieder beeindrucken Bauprojekte von unglaublicher
Geschwindigkeit wie der Airport Peking-Daxing. Vier Fotos zeigen die rasante Erstellung
zwischen 2012 und 2018 bis zur Eröffnung im Herbst 2020 rund um den sechsstrahligen
goldenen Stern des Flughafengebäudes.
Doch die Bilder zeigen eben auch das Ausmaß des Landfraßes und der Brandrodungen
zugunsten der Zivilisation bis hin zu veritablen Katastrophen, die selbst aus dem Weltall
plakativ zu sehen sind. Wie das Schreckensszenario von Brumadinho nahe Belo Horizonte, wo
im Januar 2019 ein Damm brach und sich eine Riesenflut von Rotschlamm in die Landschaft
ergoss. Und die war so toxisch, wie sie selbst auf dem Satellitenfoto aussieht.
Immer wieder überraschen Aufnahmen, lassen zuweilen rätseln, wenn sie wie ein abstraktes
Gemälde bunt leuchten und doch das echte Naturphänomen des Natronsees im nördlichen
Tansania zeigen. Das Projekt Overview will die rasende Veränderung unseres Planten
bewusst machen dieser grandiose Bildband ist bestens dafür geeignet. Und Benjamin
Grant hat recht, wenn er betont: Es liegt eine Kraft darin, die Welt von oben zu
sehen.
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