ROSE & REBECKA LAGERCRANTZ:
ZWEI VON JEDEM
Kann man Kindern vom Holocaust erzählen? Und was jemand machen, der über seine schlimmen
Erinnerungen nie spricht, weil er darüber nicht sprechen kann? Als seine Kinder ihn immer
wieder bitten, von seinen Erlebnissen zu berichten, bewegt ihn seine Ehefrau schließlich
dazu, dann eben alles aufzuschreiben.
Das ist denn auch der Rahmen für Zwei von jedem, dem jüngsten Kinderbuch der
preisgekrönten schwedischen Autorin Rose Lagercrantz. Sie wurde 1947 als Tochter von
Holocaust-Überlebenden in Stockholm geboren und erlebte genau das: es wurde nie über die
furchtbare Vergangenheit gesprochen.
Begleitet von sehr kindgerechten Illustrationen, die Tochter Rebecka Rosencrantz,
Kinderärztin und Malerin, beigesteuert hat, wird nun die Geschichte von Elias
Eli und Luli erzählt. Neun Jahre sind die beiden jüdischen Kinder und
unzertrennliche Freunde, die eine recht unbeschwerte Kindheit im rumänischen
Siebenbürgen verbringen.
Und das, obwohl Luli in sehr bescheidenen Verhältnissen bei ihrer Tante lebt, nachdem die
Mutter gestorben und der Vater in die USA ausgewandert ist, um dort für sich und seine
Kinder eine bessere Zukunft vorzubereiten. Lulis Freundschaft zu Eli geht so weit, dass
sie ihm sogar Wasser vom Magischen Berg besorgt, als er ganz schwer erkrankt.
Als er sich endlich erholt hat, kommt die trautige Nachricht für die Beiden: Lulis Vater
hat tatsächlich die Fahrkarten nach Amerika geschickt. Beim Abschied verspricht ihm Luli,
dass sie sich auf jeden Fall wiedersehen werden. Doch es kommt kein Brief von ihr, Eli
wird 13 und feiert die Bar-Mizwa. Und der Zweite Weltkrieg bricht aus und rückt auch
näher auf seine kleine Heimatstadt vor.
Dann kommen Soldaten und die Antisemiten. Es werden besondere Gesetze für
alle Juden erlassen und die immer größeren Drangsale gipfeln darin, dass alle ins KZ
abtransportiert werden. Was dann kam, kann ich eigentlich nicht erzählen,
stockt der erwachsene Berichterstatter. Was verständlich ist, denn im KZ werden seine
Mutter und seine Schwester sofort von seiner Seite gerissen und Eli und sein Bruder sehen
sie nie wieder.
Sie selbst überleben auch nur ganz knapp, weil man sie aus dem Vernichtungslager weg zum
Arbeiten in ein anderes KZ schickt. Als Eli schließlich nach der Befreiung mit seinem
Bruder nach Schweden gelangt, erreicht ihn endlich auch die lang ersehnte Nachricht von
Luli. Nur die Gedanken an sie haben ihn hoffen lassen und nun werden sie tatsächlich ein
Paar.
Eli ist denn auch der Vater, der seinen Kindern nichts über die grausame Vergangenheit
erzählen kann. So bringt ihn Luli dazu, alles niederzuschreiben. Und dieser Kunstgriff
ist wunderbar gelungen. Eine eindringliche Geschichte, ebenso schlicht wie anrührend
dargebracht. Das geht tief unter die Haut und bringt jene unvorstellbare Zeit zugleich so
authentisch rüber, dass die Geschehnisse für Kinder ab etwa 10 Jahre verstehbar werden.
Fazit: ein besonders wertvolles Buch zum Thema.
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