OLIVER LUBRICH/THOMAS NEHRLICH: „DIE VULKANE DES WILLIAM HAMILTON“


Sir William Douglas Hamilton (1730-1803) war der erste Vulkanologe der Neuzeit und seine Forschungen sind heute aktueller denn je. Vor ihm gab es lediglich Plinius den Jüngeren, der eingehende Berichte als Vulkan-Schilderer vom Untergang Pompejis und Herculaneum durch den katastrophalen Ausbruchs des Vesuv im Jahr 79 schrieb.
Unter dem Titel „Die Vulkane des William Hamilton. Naturreportagen von den Feuerbergen Ätna und Vesuv“ haben nun Oliver Lubrich und Thomas Nehrlich die erste vollständige Übersetzung der legendären Schriften des britischen Diplomaten in einem Band herausgebracht. Ganz entscheidend für die hohe Qualität ist dabei, dass der opulente Band auch die prächtigen Originalabbildungen von damals enthält.
Von 1764 bis 1799 diente Hamilton als britischer Botschafter am Hof des Königs von Neapel (das sogenannte Königreich beider Sizilien). Schon bald faszinierte den gebürtigen Schotten dort der nahe Vulkan und bereits 1765 dokumentierte er einen dramatischen Ausbruch des Vesuv für die Royal Society of London. Dieser gehörte Hamilton als forschendes korrespondierendes Mitglied an, obwohl er keine akademische Ausbildung hatte.
Als Gelehrter aber scheute er weder Strapazen noch Gefahren, um den Vesuv wie auch die anderen Vulkane in dem süditalienischen Königreich, den Ätna und den Stromboli, zu untersuchen. Ihre Aktivitäten wie auch Erdbeben in der Region untersuchte der Unermüdliche. Wie modern seine Vorgehensweise bereits war, zeigt, dass er seine Vulkanologie auf der Grundlage empirischer Feldforschung betrieb.
Welch hohe Wertigkeit Hamiltons Forschungsarbeit zukam, belegt die Auszeichnung mit der Copley Medal der Royal Society für seine wissenschaftlichen Beiträge, eine Ehre, die er sich mit Größen wie Humboldt, Darwin und Einstein teilt. Dabei standen seine großen Werke noch bevor, denn erst 1776 veröffentlichte er die zwei wegweisenden Bände über seine Vulkanforschung.
Der Titel lautete „Campi Phlegraei“, denn diese Phlegräischen Felder waren das zerklüftete Gebiet westlich von Neapel. Hamilton hatte für seine Arbeiten eigens den Maler und Zeichner Pietro Fabris angeheuert, der ihn bei den Besteigungen des Vesuv begleitete, um Skizzen zu fertigen. Aus ihnen entstanden dann allein über 50 hervorragende farbige Illustrationen. Als es am 8. August 1779 zu einem erneuten besonders dramatischen Ausbruch des Vulkans kam, ließ Hamilton davon weitere Bilder fertigen und als Ergänzungsband veröffentlichen.
Mit diesen noch heute höchst beeindruckenden Werken gilt der Gelehrte als Begründer der Vulkanologie. Doch dies war nicht sein einziges Forschungsgebiet, denn er widmete sich auch der Antike und verfasste weitere Bücher. Das hochangesehene Mitglied der Royal Society hatte außerdem Begegnungen mit zahlreichen Berühmtheiten seiner Zeit, so unter anderem mit Goethe und Mozart.
Und als wäre das noch nicht ausreichend für ein wahrhaft romanhaftes Leben, ehelichte der Witwer im fortgeschrittenen Alter die bildschöne junge Emma. Sie wurde als Lady Hamilton dann auch noch die Geliebte des Seehelden Admiral Nelson und es gab sogar als gesellschaftlichen Skandal ein Zusammenleben dieses Trios.
Fazit: ein grandioses Stück Forschungsliteratur von einem außergewöhnlichen Gelehrten und in dieser Form ein einzigartiger Bücherschatz.

# Oliver Lubrich/Thomas Nehrlich (Hrsg.): Die Vulkane des William Hamilton. Naturreportagen von den Feuerbergen Ätna und Vesuv (aus dem Englischen von Johanna von Koppenfels); 272 Seiten, 90 farbige Abb., Supergroßformat; wbg Edition, Darmstadt; € 75 (ab 1.7.2022 € 100)

 
WOLFGANG A. NIEMANN (wan/JULIUS)

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