JOHANN PALINKAS: COUP
Militärputsch in Deutschland steht auf den Schriftbändern unter den
Fernsehbildern von Panzern und Soldaten vorm Bundeskanzleramt. Sonntagnacht und das
Undenkbare ist geschehen: die Bundeswehr erhebt sich gegen die amtierende Bundesregierung
und setzt Kanzlerin und Kabinett gefangen.
Zum Glück nur Fiktion, aber was für eine! Coup lautet der Titel dieses
Politthrillers des erst 23 Jahre alten Debütanten Johann Palinkas. Mit erstaunlicher
Abgeklärtheit setzt er das Spektakel nicht etwa als Action-Reißer in Gang sondern in der
Art eines Dokudramas. In Berlin laufen typische Intrigen im Politbetrieb, wo der als
schwach geltende Bundeskanzler Neubauer gleich zwei skrupellose Widersacher hat.
Während der Parteifreund Schnarr als Verteidigungsminister auf die Nachfolge schielt,
zieht Außenministerin Kehler vom konservativen Koalitionspartner ihre Fäden, um Neubauer
aus dem Amt zu kippen. Da kommt ein heikler Zwischenfall sehr zurecht: ein russischer
Kampfjetpilot übertreibt seine Provokationen über einer polnischen Fregatte und wird
prompt abgeschossen.
Worauf der als geopolitischer Rüpel geltende russische Präsident Kusnezow bedrohliche
Truppenaufmärsche an der lettischen Grenze ansetzt und in den Baltenstaaten die
russischen Minderheiten zum Aufruhr anstachelt. Als die Lage sich zuspitzt und NATO-Staat
Lettland um Unterstützung durch die Bündnispartner ersucht, hält sich allein
Deutschland zurück. Derweil instrumentalisieren Schnarr und noch mehr Kehler Journalisten
für folgenschwere Intrigen, die Neubauer erledigen sollen.
In einem anderen Handlungsstrang stößt der überehrgeizige junge Hauptmann Julius Graf,
der es immerhin bereits zum Adjutanten von Generalinspekteur Tröpke gebracht hat, durch
eine Unachtsamkeit des Chefs des Einsatzführungskommandos auf ein schier unglaubliches
Geheimnis: Pläne für das Unternehmen Phoenix. Nicht weniger als ein
Staatsstreich ist von langer Hand geplant und der Nationalist Tröpke ist der Drahtzieher.
Dreist klinkt sich Graf auf eine Art ein, dass er sogar zu einem zentralen Akteur wird.
Während nun Neubauer durch ein Sex-Video des russischen Geheimdienstes aus dem Amt
gekickt und Kehler als Interims-Kanzlerin vereidigt wird, sehen Tröpke und seine
Mitverschwörer ihre Stunde gekommen. Und es ist ein Sonntag, als die Kanzlerin ihr
Kabinett zur ersten Sitzung einberuft, nicht ahnend, dass die Bundeswehr bereits ins
nächtliche Berlin einmarschiert.
Leopard-Panzer rollen aufs Bundeskanzleramt zu und in dessen Bunker ruft Kehler die
Verbündeten um Hilfe an. Doch die blocken ab und es gibt keine Hilfe für den saumseligen
russlandfreundlichen Bündnispartner. - Mehr aber sei von diesem fesselnden und überaus
realistisch dargestellten Geschehen nicht verraten.
Von Beginn an wechseln die Handlungsstränge in kompakten Kapiteln mit jeweiliger
Datierung und Zuordnung zum Hauptakteur. Die Protagonisten überzeugen und die rasanten
Schnitte sorgen für atemlose Spannung. Ob wirklichkeitsnah oder nicht, ziemlich
authentisch wirkt der Politbetrieb schon und man weiß ja auch um gewisse rechtslastige
Umtriebe in der Bundeswehr, die immer wieder aufgedeckt werden.
Fazit: ein ganz starkes Stück Hochspannungsliteratur und es schreit geradezu nach einer
großen Verfilmung.
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