ALEXANDRA KUI: TRÜGERISCHER
SOG
Alexandra Kui ist studierte Soziologin und nun legt sie mit Trügerischer Sog
einen neuen Jugendthriller vor, der eines der unangenehmsten Phänomene der heutigen
Jugendszene zum Thema hat: Mobbing in jeder Form.
Hier steht eine Schule in einer Kleinstadt im Mittelpunkt, bei der eine erst kürzlich
hinzugekommene Schülerin mit List und Tücke ein despotisches Herrschaftssystem aufgebaut
hat. Sara sieht toll aus, hat echt was drauf, aber sie ist dabei eine boshafte
Drama-Queen. Sie macht jeden fertig, der ihr nicht den Hof macht oder der ihr zu
unbedeutend für eine Beachtung ist.
Ihre Methoden sind skrupellos bis hin zu folgenreichem Cybermobbing und getürktem
Sexting. In dem Bauernsohn Nick hat sie außerdem ihren Adlatus fürs Grobe. Tatsächlich
hat sich die Stimmung an der Schule mit Saras Erscheinen unterirdisch
entwickelt, wie Ich-Erzähler Kim feststellt, einer jener eher unscheinbaren Schüler, von
denen sich Sara nicht einmal den Namen merkt.
Ohnehin hat sie der Schule den Stempel eines Friedhofs der Namenlosen
aufgedrückt und lässt ihre Arroganz und Wut an jeglichen Opfern aus. Und sie genießt es
in den Kapiteln, in denen sie sich als Ich-Erzählerin mit Kim abwechselt, ihre ganze
Galle auszuspucken.
Allerdings ist nun noch jemand Neues an die Schule gekommen, jung, attraktiv und
engagiert: die Lehrerin Frau Hoppe, umgehend Hope genannt.
Die will der tyrannischen 15-Jährigen und ihren Handlangern das Handwerk legen. Nach
einem weiteren giftigen Ausfall ordnet sie einen vierwöchigen Ausflug auf ihre
Heimatinsel Maroog an, als Unterrichtsprojekt im Frühherbst. Da hilft kein Sträuben und
als zweite Betreuungskraft fährt Sportlehrer Jensen mit, bald schon als der Partner der
Hoppe zu erkennen.
Ein unerlässliches Element für das Brechen solch unguter Strukturen ist ein absolutes
Handyverbot. Das auf dieser abgelegenen Insel aber unnötig auszusprechen bleibt, denn
hier gibt es sowieso kein Netz. Stattdessen erweist sich die Wohnstätte als von
vorgestern mit Schlafsälen und einfachem Essen.
Typisch für dieses Setting ist der deutliche Stimmungsumschwung, wo die bisher Braven und
Gedeckelten aufbegehren und die Großmäuligen an Grenzen stoßen. Und die Hoppe schockt
die Klasse mit dem Projekt: auf dieser Insel gibt es den echten Friedhof der Namenlosen,
auf dem seit jeher anonym angeschwemmte Opfer des Meeres bestattet werden. Den gilt es zu
restaurieren.
Während Sara trotz allem versucht, ihre Macht zu sichern, verschieben sich die Gewichte.
Es kommt jedoch nicht zu der erhofften Verbesserung des Zusammenhalts. Für Kim zeigt der
Pfeil nach oben, zumal er erlebt hat, dass Sara verwundbar ist. Und als sie es dennoch
immer fieser treibt, fasst er den Entschluss, ihre Schreckensherrschaft endgültig zu
beenden.
Das Alles entwickelt sich immer heftiger und erschreckend gnadenlos. Da tun sich Abgründe
der Seele auf, bei denen man nicht nur allmählich die Auslöser für Saras üble Macken
erfährt. Aber auch Frau Hoppe erweist sich zum dramatischen Finale hin durchaus nicht als
die erwartete Lichtgestalt.
Fazit: ein packender Jugendthriller, der beklemmend realistische Auswüchse beleuchtet,
wie sie sich heutzutage leider unter jungen Leuten erheblich ausgebreitet haben. Auf jeden
Fall aber eine spannende realistische Lektüre für Teenager.
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