FLORIAN HEINE: „DER SCHÖNE SCHEIN“


Erste Beispiele einer Kunst der Augentäuschung – Fachbegriff „Trompe-l'Oeil“ - gab es bereits zur Zeit der Pharaonen. Vor allem in der Renaissance feierte diese besondere Kunstform dann Triumphe, sei es mit großartigen malerischen Täuschen, sei es mit Bauwerken, in denen schon mal vorgetäuschte Laubengänge in vorgegaukelte Gärten führten.
Der Fotograf und Kunsthistoriker Florian Heine unternimmt dazu unter dem Titel „Der schöne Schein. Optische Illusionen in der Kunst“ eine illustre Zeitreise von der Antike bis in die Gegenwart. Natürlich erfordert es höchste Meisterschaft, die Natur so täuschend nachzuahmen, dass etwas Zweidimensionales das Auge zwingt, es dreidimensional wahrzunehmen.
Wo dann zum Beispiel M.C. Escher mit seinen Zeichnungen die Logik des Gesehenen düpiert oder von einem alten Gemälde sogar Vögel täuschend plastisch wirkende Trauben picken wollen. „Alles was wir sehen, ist real. Aber nicht alles, was wir wahrnehmen, entspricht dem, was wir zu sehen glauben“, sagt Heine in seinem Vorwort. Virtuos täuschen den Betrachter auch Werke ganz großer Meister, denkt man an die Deckenmalereien in majestätischen Kathedralen, wo detailfreudige Säulen, Figuren und manches mehr oft plastisch erscheinen, in Wirklichkeit jedoch „nur“ aufgemalt sind.
Heine stellt aber auch moderne Beispiele vor wie Vasarelys „Zebras“ oder die Pfeife als nur eines von ganz vielen Meisterwerken der Dimensionenspielereien Magrittes. Und natürlich darf auch eine solche teils vergängliche Kunst wie die der Pflastermalerei mit ihren vermeintlichen Canyons in Fußgängerzonen ebenso wenig fehlen wie der absolute Guru der gegenwärtigen Rätselkunst, der englische Anonymus „Banksy“.
Auch die Fotokunst ist mit starken Beispielen vertreten wie solch unendlich erscheinende Bilder eines Andreas Gursky oder die skurrilen Bilderinszenierungen eines Erik Johannssons. Und schließlich die verblüffenden Kompositionen von Alexey Kondakov, wenn er in seiner Serie „Das alltägliche Leben der Götter“ die Techniken von Fotografie und Malerei so raffiniert zusammenführt, dass die Herrschaften sich scheinbar ganz real an einer Bushaltestelle verlustieren.
Fazit: eine opulente Reise durch die Welt kunstvoll erschaffener raffinierter Sinnestäuschungen mit immer neuen Überraschungen.

# Florian Heine: Der schöne Schein. Optische Illusionen in der Kunst; 192 Seiten, div. Abb., Großformat; Prestel Verlag, München; € 34


WOLFGANG A. NIEMANN (wan/JULIUS)


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