KAI-AXEL AANDERUD: „30 JAHRE DEUTSCHE EINHEIT“


Die friedliche Wiedervereinigung Deutschlands am 3. Oktober 1990 war ein einzigartiges Ereignis nicht nur in der deutschen sondern auch in der Weltgeschichte. Von den heutigen deutschen Bürgern war jedoch ein Drittel zu jung, um die damalige Freude miterlebt zu haben. Hinzu kommen viele Zeitzeugen, bei denen die Erinnerungen an Einzelheiten stark verblasst sind.
Insbesondere für all diese Menschen hat der Historiker und Publizist Kai-Axel Aanderud eine kompakte Chronik herausgebracht. Konzentriert auf die wesentlichen Daten, Fakten und Vorgänge beschreibt der Autor den unerwartet steinigen Weg von der Maueröffnung über den Tag der Wiedervereinigung bis in die jüngste Gegenwart.
Eine umfangreiche und ausführliche Einleitung macht noch einmal deutlich, wie sich das Ende der DDR geradezu zwingend als Folge vieler Fehlentwicklungen anbahnte. Als „erster Spatenstich fürs Grab“ gilt dabei die Kommunalwahl im Mai 1989 mit ihren dreisten Fälschungen quasi unter den Augen zahlreicher kritischer Wahlbeobachter. Hinzu kam zur selben Zeit das berühmte „Loch im Zaun“, als die Ungarn den Eisernen Vorhang erstmals durchlässig machten.
Die Angste vor der „chinesischen Lösung“, die flüchtenden Ungarn-Urlauber und schließlich Schabowskis unbeabsichtigte Freigabe der Maueröffnung – alles wird gut übersichtlich nachvollzogen. Spannend war dann die merhmonate Wendezeit, in der 40 Jahre Kalter Krieg beigelegt aber auch Alternative zu einer völligen Wiedervereinigung erwogen wurden.
Die sogenannten „blühenden Landschaften“, die erste und einzige frei Wahl in der DDR, die Gründung der Treuhandanstalt und all die wirtschaftlichen Verwerfungen – manche lückenhafte Erinnerung wird hier aufgefrischt. Folgenreiche innenpolitische Neuerungen wie die Vereinigung von Bündnis 90 mit den westdeutschen Grünen und später der PDS mit der WASG fanden statt und wegen der schlimmsten DDR-Altlast wurde die Stasi-Unterlagenbehörde gegründet.
Auch dass die Vollendung der Einheit noch ihre offenen Stellen hat, wird nicht verschwiegen. So gibt es bis heute noch kein Dax-Unternehmen im Osten und mit Ines Härtel gibt es erst jetzt im 30. Jahr des vereinten Deutschland eine erste „echte“ ostdeutsche Richterin am Bundesverfassungsgericht.
Fazit: das kompakte Buch bietet einen sehr sinnvollen Schnelldurchlauf durch die ersten drei gesamtdeutschen Jahrzehnte und das nicht nur für jene, die damals noch nicht dabei oder noch zu jung waren.

# Kai-Axel Aanderud: 30 Jahre Deutsche Einheit – eine Bilanz; 272 Seiten, div. Abb., Klappenbroschur; Mittler im Maximilian Verlag, Hamburg;

€ 24,95

 
WOLFGANG A. NIEMANN (wan/JULIUS)

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