FOITZIK/FRITSCHE: WELTMACHT
AUF SECHS BEINEN
Es gibt sie seit über 100 Millionen Jahren in Größen von punktgroßen Winzlingen bis
hin zu Maikäfer-Dimensionen: Ameisen. 1600 Arten existieren weltweit und die
sechsbeinigen Hautflügler aus der Spezies der Insekten gelten als ungeheuer fleißig,
clever und stark.
Ihre Vielfalt, ihre Geheimnisse und ihre Macht verblüffen nicht nur den interessierten
Laien, sondern auch die Ameisenforscherin Susanne Foitzek. Gemeinsam mit dem Biophysiker
und Wissenschaftsjournalisten Olaf Fritsche stellt die Evolutionsbiologin und
Verhaltensforscherin den ganzen Kosmos dieser einzigartigen Tierart vor und wählt dafür
bewusst den Titel Weltmacht auf sechs Beinen. Das verborgene Leben der
Ameisen.
In einer regelrechten Weltreise folgen die Myrmekologen (= Ameisenforscher) den emsigen
Krabblern nach, die weitesteghene dein gewaltiges Matriarchat bilden, in dem die Männchen
in der Regel ein kurzes, faules Leben haben und vielfach als Futterpaket enden. Der
Verwandtenkannibalismus ist sogar überlebenswichtig, andererseits gibt es sogar
Vampirismus aber auch manche Arten, die sich aufs Versklaven von Artgenossen verlegen.
Immer wieder verblüffen die teils weit ausufernden Staatenbildungen mit raffiniert
durchgeordnetem Sozialsystem und die diversen Überlebensstrategien. Intern dreht sich da
alles um die Königin, die üblicherweise eine einzige Hochzeitsnacht erlebt
und danach nur noch Nachwuchs für den Fortbestand ihres Volkes produziert. Für
Wohlbefinden und Schutz der Königin sorgen die bis in den Tod hinein loyalen
Arbeiterinnen.
Wobei manche Arten frappierende Waffen zum Einsatz bringen bis hin zum Stachel der sehr
großen lateinamerikanischen Gewehrkugelameise, der mit seinem Gift selbst einem Menschen
einen höllischen, glutartigen Schmerz bereitet. Und doch gibt es auch bei diesen für
ihre Schwarmintelligenz berühmten Krabbeltiere erstaunliche Koexistenzen wie die von
einer Blattlausart, die mit Tricks im Winter sogar Ameisenlarven anzapft oder jene
Schmarotzer, die mit allerlei Täuschungsmechanismen die fleißigen Arbeitstiere
ausnutzen.
Wie extrem besitzergreifend Ameisen grundsätzlich sind, offenbart auch eine Abhandlung
über die Welteroberung durch die Tropische Feuerameise, die durch spanische Seefahrer im
16. Jahrhundert auf sämtliche Kontinente hinausgetragen und überall intensiv heimisch
wurde. Das Alles und die Fülle faszinierender Fakten und Details vermitteln die beiden
Wissenschaftler mit flotter Sprache und derartig anschaulich und unterhaltsam, dass man
ihnen auch bei manch komplexen Sachverhalten voller Spannung folgt.
Fazit: ein populäres Sachbuch zu einem außerordentlich interessanten Thema, das alle
Qualitäten für ein Standardwerk mitbringt.
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