ANDRÉ HELLER: ZUM WEINEN
SCHÖN, ZUM LACHEN BITTER
Ich weiß gar nicht, wie man es tut, dass man sich nichts vorstellt. Dieses
nur scheinbar naiv staunende Zitat offenbart im Grunde jene Quelle immerwährenden
Einfallsreichtums des österreichischen Weltkünstlers André Heller.
Liedermacher, Schauspieler, Zirkuserfinder und, ja, Schriftsteller ist er auch von
vielgerühmten Qualitäten, wie er u.a. mit seinem Roman Das Buch vom Süden
unter Beweis stellte. Doch der hinreißende Geschichtenerzähler ist auch ein Meister der
kurzen Form, wo er mal fast ansatzlos auf den Punkt und zur Pointe kommt, mal dagegen
quasi um die Ecke fabulierend verblüfft.
48 solcher Schmankerl aus der Zeit von 1969 bis 2003 hat er nun unter dem Titel Zum
Weinen schön, zum Lachen bitter herausgegeben. Einige davon sind bereits in
früheren Veröffentlichungen erschienen, was diesem Leseschatz aber keinen Abbruch tut.
Immer wieder greift er Momente aus dem Leben eines Menschen heraus und verdichtet sie
gekonnt. Und zuweilen wird es auch autobiografisch wie bei jenem Autounfall mit
einem Kamel am Roten Meer.
Das führt teils weit in die Welt hinaus, zumal der Künstler, für den Aufbruch stets
verlockender war als genüssliches Verweilen, ein weitgereister Mensch voller Neugier und
mit dem Blick fürs Wesentliche ist. Und viel mehr noch als früher gelingt ihm die
Verknappung und wo er einst in Selbstverliebtheit zur Übertreibung neigte, ist sein
Narzissmus milder geworden, altersmilde gewissermaßen. Natürlich blitzt da noch immer
mal das giftig Satirische durch und das Absurde und Skurrile liebt er wie eh und je.
Auch wenn es schon mal frösteln lässt wie bei der Geschichte vom kleingewachsenen Juden,
der dem Reichsführer SS den Narren machen soll. Das lebt von hintersinnigem jüdischem
Humor. Und dann wieder erklärt der zur heiter-melancholischen Nostalgie neigende Poet en
passant: Die Handlung ergab keinen augenfälligen Sinn.
Diesem kleinen funkelnden Schatz fügt der fast genau gleichaltrige Wiener
Schriftstellerkollege Franz Schuh ein erhellendes Nachwort an über André Heller und sein
So-Sein. Fazit: ein Buchvergnügen voller Finessen für Leser, die gute Geschichten und
fein ziselierten Sprachzauber zu schätzen wissen.
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