EDOARDO ALBINATI: „EIN EHEBRUCH“


Ein junges Paar trifft sich auf einer Insel im Mittelmeer: „Beide sind genau zwei Stunden von zu Hause entfernt, von der sogenannten Wirklichkeit.“ Ein gemeinsames Wochenende, durch Lügen von den jeweiligen Ehepartnern abgerungen.
So beginnt Edoardo Albinatis neuer Roman „Ein Ehebruch“ und für die beiden Protagonisten beginnt das heimliche Liebesabenteuer mit dem ersten ungeduldigen Sex am Boot auf dem Wasser, da das Hotelzimmer noch nicht bezugsfertig ist. Mit dem 37-jährigen Erri und der acht Jahre jüngeren Clementina stellt der italienische Erfolgsautor zwei attraktive Protagonisten in den Mittelpunkt eines geradezu entrückten Wochenendes, irgendwie nicht ganz von dieser Welt.
Eines steht bereits fest, bevor siue erstmals das Doppelbett besteigen: „Der Tag war von unübertrefflicher Schönheit.“ So schön wie Wasser und Insellandschaft sind auch die Körper der Liebenden. Die einander erst vor drei Wochen auf einer Party begegnet sind und beide sofort eine unwiderstehliche Anziehungskraft verspürt hatten.
Rauschhaft und von unstillbarem Hunger aufeinander erfüllt, verlaufen die Stunden und Albinati schildert sie mit einer mitreißenden aber nie schwülstigen Prosa, die unaufhaltsam vor sich hinperlt und das mit einer Art leidenschaftlicher, von Vernunft unbelasteter Leichtigkeit. Wenngleich sich in den kleinen erschöpften Pausen nach dem Liebesspiel eine gewisse Unsicherheit einschleicht. Erri ist glücklich verheiratet und Clem hat sogar erst vor einigen Monaten ein Kind bekommen.
Doch das hier an diesem Ort fern ihres gewohnten Lebens ist ja nicht einfach eine ungezügelte Sexorgie, dazu erforschen sie einander viel zu intensiv, viel zu erotisch und hingebungsvoll. Da drängen sich dann Gedanken hinein ins hemmungslose Genießen: was, wenn sich das hier weiterentwickelte? Dieser brennende Wunsch, sich zu verlieren – würden sie dafür ihr bisheriges Leben aufs Spiel setzen?
Albinati hat aus dieser durchaus nicht neuen Konstellation eines doppelten Ehebruchs mit großer Meisterschaft einen vollendeten Roman geschaffen. Wenn diese so anziehenden Liebenden dabei bildhaft und dennoch recht vage gezeichnet werden, bleiben sie dem Leser ähnlich fast fremd, wie es die einander ja nur flüchtig bekannten Erri und Clem trotz allerintimster Nähe am Ende der heimlichen zwei Tage sind. Fazit: ein wunderbar sinnliches kleines Stück Literatur.

# Edoardo Albinati: Ein Ehebruch (aus dem Italienischen von Verena von Koskull); 125 Seiten; Berlin Verlag, Berlin/München; € 20

 
WOLFGANG A. NIEMANN (wan/JULIUS)

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