FREDERICK FORSYTH: „DER FUCHS“


Bei NSA, CIA und im Pentagon geschieht schier Unfassbares: jemand dringt trotz der besten Firewall der Welt in die geheimsten aller geheimen Computer der USA ein. Ohne Spuren zu hinterlassen und – nichts gestohlen, nichts sabotiert, nichts zerstört. Dasselbe wiederholt sich bei einer internationalen Großbank.
Als eine höchst geheim britische Spezialeinheit den Täter trotzdem nach einiger Zeit aufspürt, erlebt sie eine faustdicke Überraschung. Als sie das Einfamilienhaus in Luton bei London klammheimlich stürmen, finden sie die Familie des Steuerberaters Jennings vor. Sohn Marcus ist 13, Sohn Luke 18 und – er ist der gesuchte Fuchs, den sie gesucht haben. „Der Fuchs“ ist denn auch der Titel des mittlerweile 17. Politthrillers von Altmeister Frederick Forsyth.
Luke aber, der aus einer Sammlung durchschnittlicher Computer auf dem Dachspeicher ein unglaubliches Supergerät gebastelt hat, erweist sich als ein schwerer Fall von Asperger-Syndrom. Der lange schmale Schlacks ist ungeheuer scheu und von fanatischer Ordnungsliebe beseelt. Warum er auch die als unüberwindlich geltenden Firewalls der Großcomputer überwunden hat und dann in ihnen wie in einem Spielzeugladen herumspaziert ist: „Aber ihre Systeme sind fehlerhaft. Ich habe versucht, ihnen das zu zeigen.“
Da wird es zum Segen, dass Premierministerin Marjorie Graham eine ihr sehr vertraute Geheimdienst-Koryphäe einschaltet, Sir Adrian Weston. Der einstige Vize-Chef des MI6 ist zwar eigentlich schon in Pension, doch der 70Jährige zieht nun alle Register seiner langjährigen Agentenerfahrung. Mit einiger Raffinesse gelingt es ihm sogar, den empörten US-Präsidenten von der Idee abzubringen, den Fuchs ausliefern zu lassen und auf ewig unterirdisch einzukerkern.
Sir Adrian kitzelt den POTUS (es wird kein Name genannt!) an seinem Ehrgeiz, den Friedensnobelpreis zu ergattern. Und er macht ihm den Gedanken schmackhaft, welch einzigartige Waffe der verschrobene Teenager gegen die undurchdringlichen Datenbollwerke solcher Bösewichter wie Iran, Nordkorea und Russland sein könnte. Womit die Partnerschaft besiegelt wird.
Ebhenso genüsslich wie kenntnisreich streut der inzwischen 80-jährige Geheimdienstexperte Forsyth detailliertes Wissen über die „Dienste“ wie auch über manche geheimen Hintergründe der iranischen und nordkoreanischen Nuklearwaffenentwicklung ein. Da decouvriert er Irans Heimtücke und Nordkoreas Atomlügen (Forsyth macht kein hel aus seiner Haltung eines westlichen Falken und Verschwörungstheoretikers), während er den russischen Präsidenten konsequent nur als „den kleinen Mann mit den kalten Augen“ umschreibt, der als Woschd (in etwa „Boss“ oder „Pate“) die alte Größe Russland wiederherstellen will.
Sir Adrian äußert gegenüber seiner hochgeschätzten Premierministerin derweil Einschlägiges: „Wir habe eine bizarre Waffe. Einen angstgeplagten Teenager. Ich würde ihn gern gegen Nordkorea einsetzen.“ Vorher aber lässt er den massiv abgeschirmten Luke noch einen überfälligen Racheakt wegen des (echten) Nervengiftanschlages auf die Eheleute Skripal vollziehen.
Russlands stolzestes neue Schiff, ein Schlachtkreuzer, wird per gehacktem Zentralcomputer vor laufenden Kameras der Weltpresse vor der englischen Küste auf eine Sandbank gesteuert. Was jedoch vergleichsweise gnädig ist gegenüber dem verheerenden Anschlag im Iran. Dort laufen die verbotenerweise installierten Zentrifugen für die Urananreicherung derartig aus dem Ruder, dass das gesamte Zentrum in die Luft fliegt.
Doch es gab auch eine Schläferin im Auswärtigen Amt der USA und allmählich kommt der Kreml hinter das gefährliche Geheimnis des Fuchses. Entsprechende letale Maßnahmen werden eingeleitet und das Wissen zudem mit den Freunden in Teheran geteilt. Was Luke Jennings trotz massivster Abschirmung in extreme Gefahr bringt.
Nun tobt sich Forsyth mit Aktionen und Gegenaktionen aus, Finten über Finten des gewieften Sir Adrian bis hin zu gelinkten Doppelagenten entfalten ihre Wirkung. Ja, das Alles klingt stark nach „Old School“ in der gegenwärtigen Welt der Spionage und das Weltbild „guter Westen“ gegen „böser Osten“ erlebt eine sehr fiktionale Wiederbelebung.
Das wirkt zuweilen geradezu nostalgisch und bereitet sogar eine klammheimliche Schadenfreude, wenn einigen mächtigen Übelfingern sehr Unerfreuliches widerfährt. Doch – es ist schnörkellos, nüchtern und schnell geschrieben und bietet jedem Freund knackiger Agententhriller ein diebisches Lesevergnügen.


# Frederick Forsyth: Der Fuchs (aus dem Englischen von Rainer Schmidt); 315 Seiten; C. Bertelsmann Verlag, München; € 20

WOLFGANG A. NIEMANN (wan/JULIUS)

Dieses Buch bei Amazon.de bestellen. 


Kennziffer: BEL 1434 - © Wolfgang A. Niemann - www.Buchrezensionen-Online.de