MARGARET ATWOOD/RENÈE NAULT: „DER REPORT DER MAGD“


Margaret Atwoods Klassiker „Der Report der Magd“ war vor 35 Jahren ein sensationeller Welterfolg und gilt als eine Art Urmutter dystopischer Romane. Und die einzigartige Geschichte erlebte dank ihrer unterschwelligen Realitätsnähe zu Entwicklungen in jüngerer Zeit sogar eine Renaissance in den Bestsellerlisten.
Nun aber gibt es eine Neuauflage der besonderen Art, die das Schicksal der Desfred endgültig in die Gegenwart katapultiert: als kunstvolle Graphic Novel. Das ist nicht etwa eine Marginalisierung des großartigen Originals, vielmehr hat Margaret Atwood ihr Buch höchst persönlich für dieses neue Werk adaptiert und für die künstlerische Umsetzung ihre kanadische Landsmännin Renée Nault gewonnen.
Die international renommierte Illustratorin wird vor allem für ihre sehr lebendigen farbigen Tintenzeichnungen und Aquarelle gerühmt. Hier nun prägt sie die Figuren mit markanter Linienführung und taucht die düstere Geschichte in überwiegend starke plakative Farben. Bei denen natürlich das Rot dominiert, Rot wie Blut.
Zur Erinnerung: aus den uns bekannten USA wurde nach großen Umstürzen die ultrakonservative,m reaktionär religiös beherrschte Republik Gilead. In der haben Frauen quasi keine Rechte mehr und dürfen nur noch als Hilfspersonal dienen. Oder als Mägde wie Desfred, mit ihren ganz speziellen Pflichten. Durch diverse Umweltkatastrophen ist das Land teilweise unbewohnbar geworden und die Geburtenziffern sind drastisch gesunken.
So werden alle potentiell gebärfähigen Frauen zu wandelnden Gebärmüttern degradiert, harte Indoktrination inklusive. Einzige Daseinsberechtigung: einmal im Monat müssen sie sich einer makabren Zeremonie hingeben, bei der die allein dazu berechtigten Kommandanten im Beisein ihrer älteren unfruchtbaren Gattinnen versuchen, die Magd zu schwängern.
Das exemplarische Schicksal Desfreds, die sich noch an frühere „normale“ Zeiten als selbständige Frau erinnern kann, gibt nun den zutiefst verstörenden Report über das Sklavenleben der Mägde ab. Für die Graphic Novel wurde der auf die wesentlichen Züge komprimiert, zugleich wirkt das Alles jedoch durch die Reduktion und die kongeniale zeichnerische Umsetzung noch monströser als der ohnehin schon beklemmende Originalroman.
War der ohnehin schon ein herausragendes Meisterwerk der Weltliteratur, erhält er in dieser bibliophil gestalteten Adaption noch einmal eine neue Dringlichkeit und Intensität.

# Margaret Atwood/Renée Nault: Der Report der Magd – Graphic Novel (aus dem Englischen von Ebi Naumann); 240 Seiten, farbig ill.; Berlin Verlag, Berlin/München; € 25

WOLFGANG A. NIEMANN (wan/JULIUS)

Dieses Buch bei Amazon.de bestellen. 


Kennziffer: BEL 1417 - © Wolfgang A. Niemann - www.Buchrezensionen-Online.de