KATHARINE DION: DIE
ANGEHÖRIGEN
Im Juni starb Gene Ashes Frau Maida plötzlich und unerwartet. Er hatte sie einäschern
lassen und jetzt im Spätsommer soll die Trauerfeier sein. 49 Jahre waren sie verheiratet
und nun grübelt er nach über einen angemessenen Nachruf.
Damit beginnt Katharine Dions Debütroman Die Angehörigen. Gene ist kein Mann
großer Emotionen, vielleicht fällt ihm deshalb der Umgang mit all den Erinnerungen um so
schwerer. Maida war der Lebensmittelpunkt gewesen, der auf einmal verloren war. Sie hatten
ein recht bescheidenes Leben geführt. Aber ein erfülltes. Doch genau aus dem Gedanken
erwachsen nun Fragen: war Maida glücklich gewesen mit ihm und den gemeinsamen Jahren?
Er hatte sie das nie gefragt und nun war es unwiderruflich zu spät. In Gesprächen mit
seinen besten Freunden Ed und Gayle versucht er diese Ungewissheiten aufzulösen. Immerhin
hatte Gene Maida einst durch den deutlich munteren Ed kennengelernt und in all den Jahren
hatten die beiden Ehepaare nicht nur nah beieinander gewohnt, sondern so manchen Sommer in
Eds Sommerhaus am wunderschönen Fisher Lake verbracht.
Was er jedoch hört, beunruhigt ihn eher und die Grübeleien lassen sogar Zweifel bis hin
zu Misstrauen über Ehrlichkeit und Treue entstehen. Vieles war einfach so gewesen, er
hatt es nie hinterfragt. Aber war es wirklich so gewesen? Gab es Geheimnisse? Die währen
jetzt nicht mehr zu klären. Die einzige Dary jedoch macht alles noch schlimmer.
Ihr Verhältnis zu Gene war schon immer schwierig und distanziert gewesen und er muss
sogar annehmen, dass das Vorbild seiner Ehe mit Maida womöglich mit dazu beigetragen hat,
dass sie lieber per künstlicher Befruchtung zur alleinerziehenden Mutter wurde als eine
Ehe einzugehen.Und hatte sie sich ohnehin schon früh räumlich abgesetzt, vertieft sie
die Kluft zwischen ihnen noch durch ihre Trauerrede.
Andererseits besorgt sie dem gesundheitlich angeschlagenen Vater eine Haushälterin. Mit
der er dann sogar heimlich eine flüchtige Affäre beginnt. Die ihn um so mehr
durcheinanderbringt, als diese Adele die Situation nicht lange aushält und geht. Gene
bleiben Fragen über Fragen und stets spielt die Verstorbene die entscheidende Rolle:
Bestand sein Lebenssinn darin niemals allein zu sein?
Das alles schildert eine eher durchschnittliche Geschichte von ebensolchen Leuten, doch
gerade das so unaufgeregt Normale macht es so authentisch. Dazu sind die Charaktere sehr
glaubhaft gezeichnet und Katharine Dion überzeugt mit einem atmosphärisch dichtem
Erzählstrom und einem Thema, das nachdenklich macht.
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