DYLAN JONES: „DAVID BOWIE. EIN LEBEN“

 
David Bowie (1947-2016) war charismatisch, rätselhaft und weit über seine Karriere als Rockmusiker hinaus einer der ganz großen Künstler der letzten 50 Jahre. Selbstredend gibt es zahlreich Bücher, die sich seiner Biografie und seinem Schaffen befassen.
Dennoch ist Dylan Jones, seit 1999 Chefredakteur der britischen Ausgabe von „GQ“, gelungen, mit „David Bowie. Ein Leben“ ein Werk über diese schillernde Persönlichkeit zu verfassen, das auf spezielle Weise herausragt. Nach Art der „oral history“ hat der Autor Bowies Vita quasi anhand von O-Tönen nachgezeichnet.
Mit rund 180 Personen aus dessen Umfeld hat er gesprochen, aber er lässt auch etliche Passagen aus Interviews einfließen, die er persönlich mit dem aus Süd-London gebürtigen „thin Duke“ geführt hat. Chronologisch montiert, kredenzt Jones dabei einen großenteils illustren Bekanntenkreis. Freunde, Kollegen, Journalisten und immer wieder auch Sexualpartner, weibliche wie männliche, äußern sich da und tun dies meist recht ungeschminkt.
Von den frühen Erfolgen – Platz 5 in den Charts von 1969 mit „Space Oddity“ - über die wilden Phasen des „Ziggy Stardust“ und spektakuläre Filmauftritte bis hin zu den Welterfolgen der späteren Jahre und schließlich der Zeit bis zu seinem Tod ziehen sich die überaus bunten Aussagen. Auch große Namen wie Paul McCartney, Bono, Madonna oder Film-Guru Martin Scorcese finden sich da mit Aussagen. Doch auch die Ehefrauen Angie und Iman und so manches schnell vernaschte Groupie geben interessante Einblicke in die zuweilen außerordentlich schrille Lebensführung.
Offenbar wird eine kaum zu fassende Figur, mal androgyn, man scheu, mal exaltiert und exzentrisch. Insbesondere für Millionen Menschen, die unter ihrer nicht stromlinienförmigen sexuellen Orientierung zu leiden hatten, war Bowei mit seiner zur Schau gestellten Wandlungsfähigkeit und seinem libertären Lebenswandel eine Offenbarung, zumal er als Tabubrecher zum Wegbereiter größerer Toleranz wurde.
Entstanden ist ein einzigartiges Porträt dieser Stil-Ikone, die ebenso arrogant wie warmherzig sein konnte und sich größter Verehrung erfreute. Das ist nicht nur für Fans eine faszinierende Lektüre, wenngleich man hinsichtlich eines authentischen Bildes dieses Ausnahmekünstlers nicht außer Acht lassen darf, dass so manche Aussagen schlichtweg nicht überprüfbarer Tratsch wiedergeben.

# Dylan Jones: David Bowie. Ein Leben (aus dem Englischen von Friederike Moldenhauer); 816 Seiten; Rowohlt Verlag, Reinbek; € 38

WOLFGANG A. NIEMANN (wan/JULIUS)

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