PAUL THEROUX: HOTEL
HONOLULU
Endlich gibt es den Roman Hotel Honolulu aus dem Jahre 2001 nun in einer
kraftvollen Übersetzung auch auf Deutsch. Darin kommen die zwei großen Fähigkeiten von
Paul Theroux zusammen, der einerseits ein wunderbarer Romancier ist und andererseits einer
der besten zeitgenössischen Reiseschriftsteller.
Bis zur Kenntlichkeit verschleiert agiert er hier als Hauptprotagonist und Ich-Erzähler.
Als mäßig erfolgreicher Buchautor irgendwie ausgebrannt, hat er sich mit gerade 49
Jahren nach Hawaii abgesetzt, weit abseits des großen Literaturbetriebs. Und läuft einem
speziellen Glücksmoment direkt in die Arme, als er auf den ebenso wuchtigen wie
exzentrischen Eigentümer des arg in die Jahre gekommenen Hotels Honolulu
stößt.
Dieser Buddy Hamstra hat sich selbst quasi wegen Unfähigkeit als Manager entlassen und
schon hat der Ich-Erzähler genau diesen Job. Das Arrangement lässt sich tatsächlich gut
an und innerhalb eines Jahres hat der Aussteiger mit der exotischen Sweetie sogar eine
Braut und bald auch eine Tochter. Vor allem aber lebt er hier nahe des Waikiki Beach auf,
nicht etwa wegen der Naturschönheiten der Insel, vielmehr sind es die 80 durchaus schon
von der ein oder anderen Ratte angenagten Zimmer mit ihrem hinreißend vielfältigen
Eigenleben, das den Ex-Schriftsteller ebenso fesselt wie den Leser.
Da gibt es die Dauerbewohnerin von # 504, als Madame Ma eine scharfzüngige
Klatschkolumnistin, die kurzerhand eine Affäre mit dem Liebhaber ihres Sohnes anfängt.
Oder den vermeintlichen Casanova in # 509, dessen tägliche Geräuschkulisse alle täuscht
und während andererseits Edelhure Jasmine ihre Freier weichkocht, macht Eddi Alfanta
dagegen seiner Ehefrau ein spezielles Sex-Geschenk. Ohnehin sind bei den oft skurrilen
Geschichten gerade die erotischen Verwirrungen mit die spannendsten.
Natürlich ist der Ich-Erzähler nicht nur interessierter Beobachter, denn auch sein
Privatleben hat ja seine schillernden Seiten. Allein schon Sweeties seltsame
Erinnerungslosigkeit gegenüber der eigenen Vergangenheit kontrastiert erheblich zu einem
mutmaßlichen Familiengeheimnis: ein gewisser John F. Kennedy soll hier einst seinen
Rücken von ihrer Mutter auskurieren lassen haben und nicht von ungefähr erhält Sweeties
Tochter mit dem Schriftsteller den Namen Rose. Wie die Urgroßmutter.
Den prallsten roten Faden durch all die Geschichten aus diesem bunten Kosmos voller
illustrer Figuren aber zieht der unermüdliche provozierende Buddy Hamstra mit seinen
teils sadistischen Scherzen. Doch so wie es mit ihm dank des ausschweifenden Lebenswandel
zunehmend ähnlich bergab geht wie mit dem gesamten Hotel, so beflügelt der Niedergang
den Ich-Erzähler allmählich wieder zum Schreiben und bei aller Wehmut, die den Roman
zuweilen durchzieht, ist er doch auch lebensbejahend und niemals vordergründig oder gar
oberflächlich.
Die meisterhafte lebenspralle Prosa mit ihren gewitzten Dialogen überzeugt auch in der
deutschen Übertragung, so dass man hier ein großartiges Lesevergnügen mit vielen
funkelnden Facetten findet.
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