WULF DORN: DIE NACHT GEHÖRT
DEN WÖLFEN
Einen echten Psychothriller legt Erfolgsautor Wulf Dorn mit seinem zweiten Jugendroman
Die Nacht gehört den Wölfen vor. Im Mittelpunkt steht der 15-jährige Simon
Strode, der als einziger einen schrecklichen Autounfall überlebt hat, bei dem seine
Eltern im Wagen verbrannten.
Über den Unfallhergang allerdings hat Simon keinerlei Erinnerung. Wegen eines
Suizidversuchs im Krankenhaus, nachdem er von den Unfallfolgen erfahren hatte, verlebt er
fünf Monate in einer psychiatrischen Klinik. Dort bescheinigt ihm der verständnisvolle
Arzt eine kongrade Amnesie. Eines Tages werde sich diese Blockade lösen und wenn dann die
Erinnerung zurückkehre, würden auch die allnächtlichen Albträume von grausigen Wölfen
aufhören, die ihn verfolgen.
Doch als der magere einstige Superschüler außer in Sport und immer wieder
angemachte Außenseiter nun entlassen wird, muss er erstmal zu Tante Tilia in das alte
Bauernhaus am Rande der Kleinstadt Fahlenberg ziehen. Den Schock, mit den Eltern auch sein
Zuhause verloren zu haben, hellt der Umstand ein klein wenig auf, dass hier auch sein von
ihm schon immer vergötterter großer Bruder Mike mit seiner Freundin Melanie lebt.
Der sechs Jahre Ältere weiß vor allem um Simons Macken mit den autistischen Störungen,
die unter anderem ein besonderes Maß an Regeln und Ordnung bis hin zur Anordnung des
Essens auf dem Teller wichtig machen. Der nächste Schock steht jedoch bevor, denn da die
Tante berufstätig ist, soll Simon gleich nach den Sommerferien ins Internat des
Fahlenberger Gymnasiums umziehen. Dort gibt es einen winzigen Lichtblick, denn im
ferienmäßig leeren Internat stromert Caro herum, eine gleichaltrige Leidensgenossin.
Mit ihrer seltsamen Art als widerborstiges Gothic-Girl verstehen sie sich sofort und die
Tochter chaotischer, abwesender Eltern begrüßt Simon im Club der
Abgeschobenen. Gerade wegen ihres Andersseins empfinden sie sich als
Seelenverwandte. Und das mit ungeahnten Folgen, denn so hochintelligent der Mathe-Freak
Simon auch ist, Veränderungen oder gar Verluste verkaftet der hypersensible und extrem
introvertierte Teenager nicht.
Entsprechend hart trifft ihn der nächste Schock, als er erfährt, dass Mike wegen
Melanies Studium bald nach Heidelberg fortgehen wird. Dann aber überschlagen sich die
Ereignisse, denn nachdem vor kurzem bereits eine 16-Jährige nach einem Disco-Besuch
spurlos verschwunden ist, wird nun nach einer Gewitternacht Melanie lebensgefährlich
verletzt am Waldrand gefunden und ausgerechnet Mike gerät als Unhold unter
Verdacht.
Simon und Caro aber verfolgen eine ganz andere Spur, nachdem sie bei einem heimlichen
Besuch in der unheimlichen Ruine des Panoramahotels 7 Tannen seltsame
Entdeckungen gemacht haben. Bald hegen sie einen Verdacht gegen den stellvertretenden
Direktor des Gymnasiums, denn diesen Richy Henning mit seiner einnehmenden Kumpelart
fanden beide vom ersten Augenblick an unsympathisch. Und Henning ist der einst als
Taugenichts verschrieene Erbe der verstorbenen Hotelbesitzer!
Schon bis hierher entwickelt sich das Alles exrem spannend, abgründig und mit einer
unentrinnbaren Sogwirkung. Nun jedoch steht eine filmreife Achterbahnfahrt mit noch mehr
Überraschungen an mehr aber sei hier nicht verraten. Mit exzellenter Dramaturgie
steuert die Geschichte auf ein ebenso dramatisches wie verblüffendes Finale zu. Zur hohen
Glaubwürdigkeit des Romans trägt ganz wesentlich bei, dass Wulf Dorn viele Jahre in
einer psychiatrischen Klinik tätig war und deshalb die besonderen psychologischen Aspekte
so realistisch zu schildern versteht, dass sie tief unter die Haut gehen. Fazit: ein
hochklassiger Psychothriller, der nicht nur junge Leser ab etwa 14 Jahre sondern auch
Erwachsene fesseln wird.
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