MELANIE RAABE: DIE
FALLE
Linda Conrads ist eine erfolgreiche Schriftstellerin, um die sich allerlei Gerüchte
ranken, weil sie seit über elf Jahren ihre Villa am Starnberger See nicht mehr verlassen
hat. Nur die wenigstens Menschen kennen das Geheimnis hinter dieser zwanghaften
selbstgewählten Isolation.
Auslöser war jenes schreckliche Geschehen vor zwölf Jahren, als sie ihre Schwester Anna
in deren Haus tot auffand, mit sieben Messerstichen brutal ermordet. Vor allem aber hatte
Linda den flüchtenden Mörder gesehen. Doch trotz ihrer genauen Beschreibung und
deutlichen Hinweisen auf eine Beziehungstat wurde ihr kaum geglaubt und der Mörder nie
gestellt.
Um so schockierender ist es da für die 38-Jährige in ihrem abgeschirmten Refugium, als
eines Abends genau dieses unvergessliche Gesicht auf dem Fernsehbildschirm erscheint
in Person des Erfolgsjournalisten Victor Lenzen. Wie die so Furchtsame daraufhin
einen verwegenen aber auch höchst riskanten Plan ausheckt, um den Mörder doch noch zur
Strecke zu bringen, daraus hat Melanie Raabe in ihrem Debütroman Die Falle
ein hochspannendes Psychoduell gestrickt.
Entgegen ihren üblichen Erfolgsromanen schreibt Linda nun erstmals einen Psycho-Krimi,
der sehr exakt dem Mordfall Annas folgt und natürlich auch klarstellt, dass der Mörder
von der Schwester des Opfers gesehen wurde. Tatsächlich lässt sich Victor Lenzen dazu
verleiten, Lindas Plan gemäß auf ein Exklusivinterview zu ihr in die Villa zu kommen.
Hier wie überhaupt in diesem fein gesponnenen Thriller passiert nicht sehr viel und es
fließt auch kaum Blut. Um so mehr fesseln die Rededuelle und dieses gegenseitige Belauern
sowohl mit den psychologischen Winkelzügen wie auch mit immer neuen überraschenden
Wendungen.
Bis hin zur alles entscheidenden Frage: ist Lenzen überhaupt der Mörder? Das ist
nervenaufreibend bis hin zu seiner Beweisführung, dass er zur Tatzeit gar nicht in
Deutschland weilte. Wieso aber diese große Ähnlichkeit und wer sonst käme dann in
Frage? Dazu fügt die Autorin als dramaturgisch infame Bremse immer wieder Passagen aus
dem Buch im Buch ein und wie im richtigen Leben erweist sich auch hier die romaninterne
Realität als erheblich spannender als die Fiktion.
Mehr aber sei hier nicht verraten. Fazit: ein virtuoses Stück Spannungslektüre eher im
Hitchcock- oder Highsmith-Stil, dessen Ich-Erzählerin für ganz viel einvernehmende Nähe
zum Leser sorgt.
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