JONATHAN FREEDLAND: „INTERVENTION“


Als der junge Oxford-Wissenschaftler James Zennor am 8. Juli 1940 von seinem täglichen Rudertraining heimkehrt, ist er schockiert, denn Ehefrau Florence und Söhnchen Harry sind verschwunden. Was zunächst nach einer Entführung aussieht, scheint jedoch ihre Flucht aus dem vom deutschen Bombenkrieg geplagten England zu sein. Und auch ein wenig vor den Jähzornsausbrüchen Zennors, der aus seinem Einsatz im Spanischen Bürgerkrieg mit einer dauerhaft lädierten Schulter zurückkam.
Es gelingt ihm, die Verbleib seiner Lieben aufzuspüren, was ihn in die USA und dort zur Elite-Universität Yale führt. Dies ist auch der Einstieg zu Jonathan Freedlands Thriller „Intervention“ und der ebenso rasante wie fesselnde Schreibstil hat gleich zwei Erklärungen. Der Brite Freedland ist nicht nur ein preisgekrönter Spitzenjournalist, unter dem Pseudonym Sam Bourne hat er auch bereits hochkarätige Politthriller wie zum Beispiel „Die Gerechten“ verfasst. Hier allerdings schreibt er nicht aus der Gegenwart sondern aus hervorragend recherchierter Vergangenheit.
Seine schwierigen Nachforschungen lassen Psychologie-Professor Zennor schnell erkennen, dass das hehre Ziel, die 125 Kinder englischer Akademiker einschließlich seines kleinen Harry vorm Bombenkrieg zu retten, offenbar nur vorgeschoben ist. Er und eine hilfreiche junge Reporterin stoßen schließlich auf eine unglaubliche Verschwörung, deren Hintermänner zur Wahrung ihrer wahren Bestrebungen auch vor Mord nicht zurückschrecken. Geheimbünde rechtsgerichteter Kreise, elitäre Intellektuelle mit haarsträubenden Theorien und immer wieder das Symbol des Wolfskopfes spielen eine Rolle.
Mehr aber sei hier nicht verraten, denn die Geschichte steckt voller Überraschungen. Auf eines aber muss unbedingt hingewiesen werden: das Nachwort des Autors, denn so sehr dies ein Roman ist, so beruht doch erstaunlich, ja erschreckend vieles auf wenig bekannten Tatsachen. Das Stichwort heißt Eugenik und hier gingen sehr geheime Forschungen jenseits der Ethik in eine ähnliche wenngleich subtilere Lebensborn-Ideologie wie die des aktuellen Feindes, nämlich der Nazis. Fazit: ein hochspannendes Lesevergnügen mit brisanten historischen Hintergründen.

# Jonathan Freedland: Intervention (aus dem Englischen von Rainer Schmidt); 509 Seiten, Klappenbroschur; Scherz Verlag, Frankfurt; € 16,99

 
WOLFGANG A. NIEMANN (wan/JULIUS)

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