DANIEL H. WILSON: „DAS IMPLANTAT“


Gehirnimplantate, um neurologische oder andere gesundheitliche Beeinträchtigungen zu beheben, gibt es bereits. Wie brisant ein solcher Fortschritt jedoch werden kann, schildert Daniel H. Wilson in seinem neuen Thriller „Das Implantat“.
Im Mittelpunkt steht als Ich-Erzähler der Lehrer Owen Gray, der in der Jugend nach einem schweren epileptischen Anfall ein solches Implantat eingesetzt bekam, um Wiederholungen zu verhindern. So jedenfalls hat ihn sein Vater, ein angesehener Neurobiologe, darüber informiert. Inzwischen haben viele Menschen ähnliche Implantate, allerdings werden die nicht umsonst „Amps“ genannt (vom Englischen „to amplify“ = verstärken), denn längst dienen die Einpflanzungen der Modifizierung und Verstärkung der körperlichen und noch mehr der geistigen Ressourcen.
Was für die Amps von großem Vorteil ist, entwickelt sich gesellschaftlich jedoch zu einem bösen Spaltpilz. Für den anfangs noch naiven Owen beginnt das Erwachen mit dem Selbstmord einer seiner Schülerinnen. Die „Aufgerüstete“ hielt die Anfeindungen der „Normalos“ nicht mehr aus, wie sie in der ganzen Nation heftig um sich greifen. Und eskalieren, als der Oberste Gerichtshof den Amps einen besonderen Schutz gegen Diskriminierung verweigert.
Je mehr wohlhabende Kreise dazu übergehen, für sich und noch mehr für ihre Kindern durch Implantate Leistungssteigerungen herauszuholen, wächst eine breit angelegte Hysterie seitens der nicht Privilegierten. Zusammenstöße und ein Bombenanschlag machen es dem fanatischen US-Senator Vaughn – der fatal an den unseligen Kommunistenjäger McCarthy erinnert – leicht, gegen die Amps zu agitieren. Seine Organisation des „Pure Human Citizen's Council“ wird noch durch radikale Religiöse verstärkt.
In der allgemein geschürten Paranoia entwickelt sich eine erschreckende Pogromstimmung und als schließlich die Diskriminierung von Implantatträgern sogar legalisiert wird, droht der Ausbruch eines regelrechten Bürgerkrieges aus Neid und Missgunst wegen der gravierenden Ungleichheit: „Unsere Technologie macht uns stark. Doch sie macht uns auch gefährlich.“
Mag Wilson bei aller technologischen Sachkenntnis als Robotik-Wissenschaftler auch stark aufgedreht haben, so sind die ungeheuren Gefahren kaum zu widerlegen, die von einer Technologie ausgehen, die die Menschheit derartig spaltet. Wenn dieser Roman gleichwohl trotz aller realistischer Gänsehauteffekte nicht ganz überzeugt, liegt dies mehr an der literarisch mäßigen Umsetzung dieses brisanten aktuellen Themas.

# Daniel H. Wilson: Das Implantat (aus dem Amerikanischen von Markus Bennemann); 364 Seiten, Klappenbroschur; Droemer Verlag, München; € 14,99

 
WOLFGANG A. NIEMANN (wan/JULIUS)

Dieses Buch bei Amazon.de bestellen. 


Kennziffer: BEL 1025 - © Wolfgang A. Niemann - www.Buchrezensionen-Online.de