KOETHI ZAN: "DANACH"

Durch den schier unfassbar erscheindenden Fall der drei für viele Jahre lang entführten Frauen in Cleveland, Ohio, erhält der Debütroman von Koethi Zan eine atemberaubende Aktualität. Bei ihr geht es um vier Frauen, die für einige Jahre im Verlies eines Soziopathen verschwanden, der ihnen vermutlich ein noch übleres Märtyrium bereitete als der jetzt aufgeflogene echte Perversling.

"Danach" lautet der Titel und Ich-Erzählerin ist darin Sarah, die zusammen mit ihrer besten Freundin Jennifer entführt wurde. Der Schock der beiden damals 18-jährigen Studentinnen war um so größer, als sie nach einem gemeinsam nur schwer verletzt überstandenen Unfall regelrechte Sicherheitsfanatiker geworden waren. Sarah berichtet nun von dem Durchlittenen und sie tut es als zwanghaft abgeschottet Lebende aus einer neuen Identität heraus.

Was sie da stückweise offenbart, eröffnet erst nach und nach das ganze Grauen ihrer 32 Monate und elf Tage währenden Gefangenschaft. Sie wie auch die schon länger gefangenen Tracy und Christine werden als Sklavinnen gehalten und in unregelmäßigen Abständen zu grauenhaften Spielchen eines "Soziopathen mit narzisstischer Persönlichkeitsstörung" geholt, wie es später heißt. Als zusätzliche Perversität quält insbesondere Sarah die Ungewissheit über Jennifers Schicksal - ist sie die zuweilen stöhnende Person in der sargähnlichen Kiste in ihrem Kerker?!

Seit Jahren in äußerlicher Freiheit lebend, steht ihr und ihren ehemaligen Leidensgenossinnen jetzt eine ungeheuerliche Zumutung bevor. Jack Kerber, Psychologieprofessor an ihrer damaligen Universität, war der Sadist mit dem Faible für junge Sklavinnen. Er malträtiert sie nicht nur bis in die Gegenart mit Briefen voller anmaßender Dominanz - er kam damals ohne Verurteilung zu lebenslänglich davon, weil Jennifers Leiche nie gefunden wurde, und nun, nach zehn Jahren Haft, will er vor den Bewährungsausschuss.

Voller Alpträume will Sarah das verhindern, denn: "Sein Wahnsinn hatte immer Methode". Und die hat auch die psychologische Strategie, die er jetzt mit eiskalter Intelligenz und seinen fanatischen Machtfantasien verfolgt. Doch was sich da entwickelt, als Sarah gemeinsam mit Tracy und Christine und einem versierten FBI-Mann versucht, Kerber für immer unschädlich zu machen, bekommt eine ungeahnte Eigendynamik, denn es tun sich noch ganz andere Dimensionen des Verbrechens auf.

Davon sei hier nur verraten, dass nicht nur die unaufhörlichen Seelenqualen des Unvergessbaren nicht ausgestanden sind und dieser virtuose Roman in ein atemloses Finale rast. Das ist packend, geht tief unter die Haut und überzeugt mit den realistischen Schilderungen des Leidens während und nach der Sklavenzeit. Koethi Zan gelingt dabei das Kunststück, das Alles mit der ganzen Härte des Grauens zu beschreiben, ohne dieses dabei explizit oder gar voyeuristisch auszubreiten.

 

# Koethi Zan: Danach (aus dem Amerikanischen von Verena Kilchling); 445 Seiten, Klappenbroschur; Scherz Verlag, Frankfurt; € 14,99

WOLFGANG A. NIEMANN (wan/JULIUS)

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